Der Consulting Retainer – Kunden im Abo-Modell beraten
Als Berater, Beratungsgründer oder Freelancer bzw. deren Consulting Kunde bist Du mit folgenden Fragen konfrontiert:
- Wie schaffe ich einen stabilen wiederkehrenden Einkommensstrom für meine Beratungsleistung und bin dabei im stetigen Kontakt mit dem Kunden?
- Womit laste ich einen meiner Beratungsexperten in langfristigen Engagements anteilig aus?
- Auf welche Weise kann ich periodisch und mit geringen administrativen Aufwand von einer externen Beratungsleistung profitieren?
Unterstützung findest Du im Consulting Retainer und der stetigen, fest vergüteten und Teilzeit-Zusammenarbeit zwischen Berater und Kunde.
Ergebnis: Langfristiges Beratungsengagement bei einem Kunden zu festen Leistungs- und Vergütungskonditionen
Teilnehmer: 2 Personen (Berater und Kunde)
Dauer: Monate bis Jahre
Utensilien: Notebook & Office Software
Zweck
Mit einem Consulting Retainer stellst Du einem Kunden mittel- bis langfristig wiederkehrend eine Beratungsleistung für eine fixe Vergütung auf Teilzeitbasis bereit. Der Stammkunde – englisch Retainer – hält an Deinem Consulting Service für eine vereinbarte Periode fest. Buchstäblich abonniert er Deine Beratungsdienstleistung.
Das Zusammenarbeitsmodell sichert Dir einen stabilen, wiederkehrenden Umsatz zu. Dein Beratungskunde hingegen erhält mit einem Consulting Retainer die Gewissheit Deines regelmäßigen Beitrags und erspart sich das wiederholte Onboarding eines neuen Consultants.
Synonyme sind Retainer Fee, Advisory Retainer, Retainer Agreement oder einfach Retainer.
Aufbau
Ein Consulting Retainer besitzt mehrere Gestaltungsdimensionen bzgl. Leistung und Vergütung. Präge diese gemeinsam mit dem Kunden aus und halte sie anschließend in Deinem Beratungsangebot (auch Retainer Vertrag oder Retainer Agreement) fest.
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Leistung
Mit einem Retainer erhält ein Consulting Klient von Dir…
- spezifische Beratungsergebnisse (z.B. Projektbericht, Prozess-Review),
- Zugriff auf Dein Partnernetzwerk (z.B. Wissenschaft, Politik, Unternehmen) bzw.
- Dein Wissen (z.B. Expertise, Erkenntnisse, Fragen, Erfahrungen und Ratschläge)
in Verbindung mit Deiner eingebrachten Arbeitszeit.
Gerne kannst Du zwischen einem Arbeits-Retainer (engl. Pay for Work) und Zugriffs-Retainer (engl. Pay for Access oder Advisory Retainer) unterscheiden. Im ersten Fall liegt der Schwerpunkt auf Deiner Arbeitszeit, im zweiten Fall auf Deinem Rat.
Präzisiere immer den Scope des Consulting Retainers. Zu welchen Themenfragen lieferst Du stichhaltige antworten? Welche Geschäftsprozesse liegen außerhalb Deines Betrachtungsbereiches? Welche Detailtiefe darf der Klient in einer Fachdisziplin von Dir erwarten?
Länge
Ein Retainer umfasst mehrere Monate, Quartale oder gar Jahre. Definiere zusammen mit dem Kunden den Start- und Endtermin Deines Langzeitengagements.
Verfügt der Kunde über einen konkreten Projektplan oder eine Roadmap könnt ihr bereits im Vorfeld Deine einzelnen Beratungs- und Ergebnismeilensteine festzurren.
Bereitschaft
Anders als ein Beratungsprojekt nimmt Dich ein Kunde bei einem Consulting Retainer nicht vollständig in Beschlag. In Folge bist Du parallel in Beratungsprojekte eingebunden, bedienst weitere Retainer, treibst Weiterbildung und interne Entwicklung- & Marketing-Themen voran oder gönnst Dir einfach mehr Privatzeit.
Setze vor Beginn gemeinsam mit dem Mandanten…
- Deine Verfügbarkeit (z.B. maximal zwei Mal wöchentlich für 1,5h) sowie
- Dein Antwortzeitverhalten (z.B. in 12 Stunden auf E-Mails bzw. 2 Stunden auf Anrufe an einem Arbeitstag)
fest. Am besten Du vereinbarst feste Sprechzeiten, an welchem Du dem Kunden für gemeinsame Erarbeitung, Fragen & Antworten sowie Informationsaustausch bereit stehst.
Volumen
Typischerweise umfasst ein Consulting Retainer ein fixes Zeitvolumen von einem halben bis fünf Beratungstage pro Monat. Kläre mit Deinem Kunden wie ihr mit…
- ungenutztem Volumen (z.B. Übertrag auf Folgemonat, Bezahlung ohne Gegenleistung),
- erhöhtem Beratungsbedarf (z.B. Unterstützung bei Ergebniserstellung, Entlastung eines Mehrtages-Workshops)
umgeht.
Equipment
In einem Consulting Retainer interagierst Du langfristig mit dem Stammkunden. Verständige Dich auf die einzusetzenden Softwarewerkzeuge (z.B. Office Tool), Ergebnisvorlagen (z.B. Dateiablage) und Kommunikationsmedien (z.B. Videoconferencing).
Mit einer funktionstüchtigen und verlässlichen Arbeitsbasis kannst Du Dich ganz auf die Interaktionen und Resultate konzentrieren.
Vergütung
Der Kunde bezahlt Dich vor dem Start, periodisch während (z.B. monatlich, quartalsweise) oder nach Erbringung des Retainers. Ziehe als Honorargrundlage Deinen Tagessatz heran und gewähre für einen reduzierten administrativen Aufwand sowie der Sicherheit eines stetigen Umsatzstroms einen Rabatt bis zu 10 Prozent.
Stimme Zahlungszeitpunkt(e) und Vergütungshöhe vor dem Beginn des Retainers ab.
Anwendung
Grundlage eines Consulting Retainers ist eine vertrauensvolle Beziehung zu einem Beratungskunden.
1. Aufsetzen
Schlage einem Beratungsinteressenten ein Consulting Retainer vor, falls dieser regelmäßig Deine Beratung im dosierten Umfang benötigt. Ein guter Zeitpunkt ist ein erfolgreiches Beratungsprojekt Mitten auf der Ziellinie.
Setze einen Angebot auf, das klar Deinen Mehrwert für den Kunden beleuchtet. Begrenze den Retainer auf drei Probe-Monate bzw. die ersten fünf wiederkehrenden Probe-Interaktionen und begrenze damit das Investitionsrisiko für den Kunden.
2. Umsetzen
Arbeite kontinuierlich mit dem Kunden zusammen. Zeige wiederkehrend Deinen Nutzen sein Problem zu lösen bzw. seine Ziele zu erreichen.
Achte auf Deinen vereinbarten Beitrag. Schnell fordert der Kunde mehr ein (Scope Creep) oder Du erledigst unbewusst mehr (Scope Seep) als ursprünglich vereinbart.
3. Weiterentwickeln
Reflektiert in regelmäßigen Abständen gemeinsam die Kooperation gemeinsam.
- Was läuft in der fortwährenden Zusammenarbeit gut?
- Wo könntest Du zusätzlichen Nutzen stiften?
- Inwieweit benötigt der Kunde weiterhin Deine Unterstützung?
Passe den Consulting Retainer bei Bedarf an oder beende ihn ganz, falls der Kunde keine Nutzen mehr aus der Zusammenarbeit zieht.
Beispiele
Von Q4/2021 bis Q1/2022 verfolgte ich einen Consulting Retainer mit einer Online Marketing Agentur. Im Retainer Agreement verständigten wir uns auf:
- Leistung: Beratung in Consulting & Projektmanagement mit Problembeschreibung, Lösungserarbeitung und Vorgehensplanung
- Länge: 6 Monate
- Bereitschaft: 1 bis 2 90-minütige Online-Meetings je Woche, Antwort auf E-Mails innerhalb einem Arbeitstag
- Volumen: genau 1 Arbeitstag pro Monat
- Equipment: Google Meeting (Videokonferenz), Google Drive (Dateiablage) und Microsoft Office (Ergebnisse)
- Vergütung: 150 Euro pro Stunde vergütet nach jeweils 2 erbrachten Monaten
Ein Grundlage für mein Angebot nutzte ich den Projektsteckbrief. Im 2-Monatsintervall führten der Kunde und ich einen Feindefinition unserer Ziele und meines Beitrags durch.
Vor- & Nachteile
Pro
- Ein Consulting Retainer sichert Dir einen wiederkehrenden Festumsatz bei einem vorhersehbaren Zeitaufwand.
- Der Akquisestress und die Vertriebsmühen ein neues Beratungsprojekt an Land ziehen zu müssen sinken.
- Speziell bei Weitergabe von Wissen gepaart mit einer bezahlten Nicht-Inanspruchnahme ist das Zusammenarbeitsmodell sehr lukrativ.
- Mittels Retainer bist Du langfristig mit dem Kunden in Kontakt, stärkst Eure Partnerbeziehung und erweiterst Dein Netzwerk ins Unternehmen.
Contra
- Grundlage für einen Consulting Retainer ist eine vertrauensvolle Bestandskundenbeziehung oder eine hohe wahrgenommenen Expertenreputation. Gerade bei Consulting Neulingen ist beides nicht existent.
- Auch ein Retainer ist eine Verpflichtung, welche Dich zeitlich sowie mental bindet und von anderen (lukrativeren) Beratungsmandaten abhält.
- Das Risiko besteht die Beratungsleistung mit einem zu hohen Rabatt zu verkaufen. Dein Retainer-Gesamtumsatz sinkt und auch Folgeberatungsprojekte beim Kunden leiden unter dem Retainer-Tagessatz.
- In mittleren und großen Unternehmen in dem ein Buying Center bestehend aus mehreren Personen Deine Beratungsleistung beauftragt, ist ein Retainer Modell schwierig bis nicht realisierbar.
Praxistipps
Tipp 1 – Zählbaren Mehrwert klar kommunizieren
Ein Kunde schließt mit Dir einen Consulting Retainer ab, falls sich das Modell für ihn lohnt. Vergütungshöhe und Engagementlänge hängen dabei von Deinem Nutzen für ihn, seinen Aufgaben bzw. sein Unternehmen ab.
Zeige Deinen wiederkehrenden Mehrwert für seine Dauerinvestition auf – am besten in harten Zahlen, Daten und Fakten. Der Mehrwert Deiner Intervention sollte das Fünffache seines Einsatz betragen. Stellst Du beispielsweise monatlich 1.500 Euro als Retainer in Rechnung, dann sollte der Kunde mindestens 7.500 Euro mit Dir gewinnen bzw. einsparen.
Tipp 2 – Retainer mit Projekten mixen
Mische Deinen Beratungsportfolio mit Projekt- und Retainer-Engagements. Erstere sorgen für Abwechslung und neue Kundenbeziehungen, letztere für ein stabiles Einkommen. Aber Achtung: Überlaste Dich nicht. Zu viele parallele Kundenmandate sind des Beraters Niedergang.
Tipp 3 – Maximal 10 Prozent Rabatt gewähren
Gewähre bei der Vergütung eines Retainer höchstens 10 Prozent Nachlass gegenüber Deinem Standard-Tagessatz, am besten in Form von kostenfreien Beratertagen. Begründe Deinen Rabatt mit der Einsparung administrativen Aufwands. Dreht der Kunde weiter an Tagessatzschraube, stellst Du Forderungen wie eine Vorabbezahlung oder eine Intensivierung der Zusammenarbeit.
Tipp 4 – Retainer als Beratungsprodukt anbieten
Standardisiere die Leistungen nachgefragter Consulting Retainer und verpasse ihnen einen einprägsamen Namen. Auch kannst Du eine Familie von Retainern herausbringen, angefangen mit ‚Light‘ bis ‚Full‘.
Ursprung
Ein Consulting Retainer ist eine Sonderform des Geschäftsmodells Beratung. Speziell im Rechtswesen spielt die Zusammenarbeitsform eine wichtige Rolle. Ein Anwalt stellt einem Kunden seinen juristischen Beistand zur Verfügung und erhält dafür eine feste monatliche Kompensation.
Bonusmaterial
Michael Zipursky/Consulting Success: 2 Types of Consulting Retainers and How to Use Them Effectively (6,5 min) – Die verbreiteten Ausprägungen ‚Pay for Access‘ und ‚Pay for Work‘ vorgestellt
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