Vor kurzem hatte ich Gelegenheit, die IT-Strategie eines internationalen Produktherstellers zu reviewen. Wie zu erwarten, bewegte sich das Papier auf einer abstrakten Ebene. Eine Vielzahl von erstrebenswerten Zielen und notwendigen Maßnahmen wurde mit blumigen Sätzen umrissen, nichts jedoch wirklich konkretisiert. Tatsächlich war es nicht die hohe Flughöhe des Dokuments, die mich störte. Dies gehört sich einfach für die IT-Strategie eines traditionsreichen Unternehmens. Es waren vielmehr die zahlreichen Worthülsen und Modebegriffen die mich abschreckten. Worin liegt der Reiz dieser nichtssagenden Buzzwords? Und wie kannst Du Dich als Berater auch ohne diese Schlagworte positiv beim Kunden abheben?


In der DNA eines Unternehmens – die Buzzwords

Sie begegnen dem Unternehmensberater überall.

Auf Präsentationsfolien, während Meetings, im Intranet, auf Wandsprüchen in der Kantine: die Buzzwords. Buzzwords sind beliebte, meist stark überfrachtete und emotional aufgeladene Schlagworte.

Beispiel gefällig?

Aktuell gehören sicherlich die Worte ‚Digitalisierung‘ und ‚Disruption‘ dazu. Diesem Duo folgen Begriffe wie ‚Agilität‘ und ‚Innovation‘.

Die von mir analysierte IT-Strategie des Produkteherstellers enthielt diese vier Buzzwords in mehrfacher Ausführung. Und natürlich ihre Attributformen ‚digitalisiert‘, ‚disruptiv‘, ‚agil‘ und ‚innovativ‘. Doch damit nicht genug. Worte wie ‚Diversity‘, ‚End-to-End‘ und ‚Leadership‘ spickten ebenfalls das besagte Strategiepapier des Multis. Dem Ganzen setzten Wortgruppen wie ‚Digital Mindset‘ und ‚Next Generation Branding‘ die Krone auf.

Der aufmerksame Leser stellt schnell fest: Ein Großteil der im Arbeitsalltag verwendeten Buzzwords sind englisch bzw. zumindest Denglisch (d.h. ein eingedeutschter englischer Begriff). Warum auch nicht, gilt die Verwendung der Weltsprache Englisch weiterhin als modern und cool. Das ist auch einer der Hauptgründe, warum Buzzwords so locker und oft von der Zunge gehen. Sie klingen einfach hipp. Zudem versprühen das Flair auf der Höhe der Zeit zu sein und verleihen ihrem Sprecher einen gebildeten Touch.

Das Buzzwords inflationär zum Einsatz kommen und sich ihre Semantik je nach Unternehmen, Abteilung ja gar Problemstellung ändern scheint irgendwie keinen zu stören. Im Gegenteil. Ich habe Workshops erlebt, in denen sich die Teilnehmer regelrecht hinter der semantischen Doppeldeutigkeit von Begriffen versteckt haben. Kaum verwunderlich, das dürftige Ergebnis solcher Arbeitstermine.


Maßnahmen gegen die Buzzword-Flut

In der Regel haben Unternehmensberater den Ruf, auf dieser Buzzword-Welle zu gleiten bzw. diese durch ihre Aktivitäten beim Kunden noch zu verstärken. Immerhin geben die Pseudo-Fachbegriffe Sicherheit (da sie nicht jeder versteht) und verdeutlichen die Komplexität eines Problems.

In meinen Projekten wehre mich vehement gegen den Einsatz von Buzzwords. Nicht weil ich dogmatisch die Deutsche Sprache verteidigen will (Diktate und Aufsätze im Deutschunterricht waren nie meine Stärke), sondern weil einen eindeutigen Begriffsapparat schätze. Die Problemstellungen sind vielschichtig und interdependent genug. Da kann ich keine unscharfen Worthülsen gebrauchen.

Es ist wie beim Werkzeugkasten. Geschärfte und gut gepflegte Werkzeuge erleichtern die Arbeit. Und führen zu einem qualitativ hochwertigem Ergebnis. Das merkt der Kunde. Und beauftragt Dich aufgrund Deiner guten Sprachhygiene. Um mit einem blitzblanken Worte-Werkzeugkasten zu hantieren, empfehle ich Dir folgende Maßnahmen:

  • Wähle Deine Begriffe in Wort und Schrift bewusst. Natürlich im Einklang des Vokabular des Kunden. Aber ohne dabei an Präzision und Klarheit zu verlieren.
  • Hinterfrage mehrdeutige Phrasen und Modebegriffe auf einer sachlichen Ebene. Begründe damit, dass Du eine Sache verstehen möchtest und dazu die genaue Semantik eines Wortes benötigst.
  • Nutze Adjektive und Adverben sparsam. Je kürzer und prägnanter Deine mündlichen und vor allem schriftlichen Ausführungen, desto besser. Die meisten Kunden ziehen auf den Punkt gebrachte Beratungen einem ‚Schwafel-Consulting‘ vor.

Fazit

Modetrends existieren nicht nur in der Bekleidungsindustrie oder beim Automobildesign. Auch in Unternehmen feiert so manches geflügelte Wort für einige Zeit Hochkonjunktur.

Wie Du bereits gemerkt hast, versuche ich auf Consulting-Life.de so oft wie möglich auf Buzzwords zu verzichten. Mir ist die Eindeutigkeit meiner Worte einfach zu wichtig. Ein Großteil der Kollegen und Blog-Leser sollen wissen, was ich meine, wenn ich von einer Sache spreche. Den Verzicht auf Intellektualität und Coolness nehme ich dabei gerne in Kauf.


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    2 replies to "Positiv wirken – auch ohne Consulting-Buzzwords"

    • Christian Deutsch

      Ein schönes Beispiel – und ein noch viel zu wenig beachtetes Thema! Man könnte auch zuspitzen: Positiv wirken, gerade weil man auf die Buzzwords verzichtet.
      Nach wie vor kann sich ein Berater von der großen Zahl seiner Wettbewerber abheben, indem er Worthülsen und Pseudo-Fachbegriffe vermeidet. Das „Berater-Deutsch“ abzulegen und stattdessen Internettexte, Whitepapers, Fachartikel, Angebote, Broschüren etc. konsequent in der Sprache des Kunden zu schreiben – das ist nach meiner Erfahrung eine schnell umsetzbare und sehr wirksame Maßnahme, um im Markt einen Unterschied zu machen und bei seiner Zielgruppe positiv aufzufallen.

      • Dr. Christopher Schulz

        Hallo Herr Deutsch,
        herzlichen Dank für Ihren Kommentar. Tatsächlich beobachte ich es regelmäßig, dass sich Akteure hinter Buzzwords verstecken. Schnell stehen da Worte wie Digitalisierung, Agil oder Resilienz im Raum, ohne dass diese dem Sprecher bzw. den Beteiligten klar sind. Teilweise besitzt jeder sein eigenes Verständnis und meint, dass dieses das Richtige ist. Ich habe mir angewöhnt bei Abkürzungen und Fachbegriffen begründet nachzufragen (z.B. „Was verstehen Sie unter Agil? Ich kenne diesen Begriff im Zusammenhang des Vorgehensmodells Scrum.“). Beste Grüße, Christopher

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