Die Stärken-Schwächen-Analyse – Vorzüge & Defizite finden
Als Unternehmensleiter, Business Analyst oder Wissensarbeiter bzw. deren Berater bist Du mit folgenden Fragen konfrontiert:
- In welchen Fähigkeiten und Ressourcen schneidet unser Unternehmen im Gegensatz zur Konkurrenz gut ab?
- Worin bestehen die Vorzüge und Defizite einer Lösung gegenüber Alternativen am Markt?
- Welches meiner persönlichen Stärken sollte ich ausbauen, welche Schwachpunkte kompensieren?
Unterstützung findest Du in der Stärken-Schwächen-Profil und dem Verfahren der Stärken-Schwächen-Analyse.
Ergebnis: Stärken und Schwächen eines Sachverhalts gegenüber Alternativen herausgearbeitet
Teilnehmer: mind. 1
Dauer: ab 30 Minuten (je Zahl der Kriterien und Alternativen)
Utensilien: Whiteboard/Flipchart/Metaplan-Wand & Stifte oder Notebook & Office Software
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Zweck
Mit der Stärken-Schwächen-Analyse untersuchst und bewertest Du die Vorzüge und Defizite eines Sachverhalts sowie vergleichbare Alternativen bzgl. ausgewählter Schlüsselkriterien. Das können beispielsweise…
- konkurrierende Unternehmen und ihre finanziellen, physischen, organisatorischen und technologischen Ressourcen,
- alternative Dienstleistungen und ihre prozessualen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eigenschaften,
- am Markt verfügbare IT-Systeme und ihre funktionalen und qualitativen Merkmale oder
- interessierte Bewerberkandidaten und ihre analytischen, kommunikativen und kreativen Fähigkeiten
sein.
Als kleiner Bruder der SWOT Analyse befasst Du Dich bei der Stärken-Schwächen-Analyse ausschließlich mit den Vorteilen und Limitationen einer Sache, dem sogenannten Stärken-Schwächen-Profil. Chancen und Risiken blendet die Technik aus. Nutze die Methode zum…
- Vergleich mehrerer Alternativen vor Entscheidungen,
- Aufdecken von Optimierungsmöglichkeiten und Entwicklungsgrenzen sowie
- Gegenüberstellen des aktuellen Ist- und zukünftigen Ziel-Zustands.
Synonyme für die Stärken-Schwächen-Analyse sind Ressourcenanalyse, Wettbewerbsfaktoren-Analyse sowie Stärke-Schwäche-Analyse.
Aufbau
Stärken-Schwächen-Profil – „Welche Vor- und Nachteile hat eine Sache gegenüber Alternativen?“
Kernergebnis der Stärken-Schwächen-Analyse bildet das Stärken-Schwächen-Profil (auch Scoring Modell). Dieses zeigt Potentiale und Verbesserungsbedarf eines Sachverhalts kompakt auf einer Seite bzw. Folie auf.
Alternativen – „Welche Optionen betrachten wir?“
Betrachtungsgegenstand der Methode sind die Alternativen (auch Bewertungsoptionen oder Wahlmöglichkeiten), daher Unternehmen(steile), Produkte, Mitarbeiter etc.. Bei einem Zeitvergleich analysiert Du heutigen und zukünftigen Zustand, bei einem Konkurrenzvergleich die eigene mit fremden Alternativen.
Betrachte die Alternativen immer im Bezug zueinander oder unter Hinzunahme eines objektiven Vergleichsmaßstabs. Mögliche Bezugspunkte sind:
- Kundenbedarfe und -probleme
- Wettbewerbsmerkmale
- Gesetzesanforderungen
Methoden wie der Paarweise Vergleich, das Strategy Canvas die Nutzwertanalyse gehen gleichermaßen vor.
In der Praxis sind 3 bis 5 Alternativen gut handhabbar. In der Regel sind Alternativen als vertikal in Form von Spalten angeordnet.
Bewertungskriterien – „Nach welchen Parametern bewerten wir?“
Herzstück der Methode sind die qualitativen und quantitativen Beurteilungskriterien (auch Schlüsselkriterien, Wettbewerbsfaktoren, Beurteilungsmerkmale oder Systemanforderungen), also Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kompetenzen, Eigenschaften, Ressourcen, Vermögen oder Merkmale. Sie können greifbar, also tangibel, oder virtuell bzw. intangibel sein. Eine Stärke ist ein besonderer Vorteil bzw. gar ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Alternativen oder dem Maßstab. Eine Schwäche entsprechend ein Nachteil bzw. gar eine Bedrohung.
Achte auf hohe Relevanz. Ein Kriterium sollte für die Entscheidung erforderlich sein also einem geäußerten Wissensbedarf nachkommen. Definiere die Kriterien und ihre diskreten Ausprägungen, so dass jeder Stakeholder diese auf gleiche Weise interpretiert. Klassisch sind Skalen, beispielsweise 1 (sehr schwach) bis 5 (sehr stark) oder die Schulnoten von 1 (sehr gut) bis 6 (mangelhaft). Stelle ebenso die sachlogische und zeitliche Unabhängigkeit der Kriterien untereinander sicher.
Meist sind weniger als 10 Kriterien zu grob, über 30 zu feingranular und aufwendig. Üblich ist die horizontale Anordnung als Zeile.
Kriteriencluster – „Welche Kriterien lassen sich thematisch zusammenfassen?“
Zwecks Übersichtlichkeit und Handhabbarkeit kannst Du inhaltlich verwandte Beurteilungskriterien zu Kriteriencluster (auch Gruppen oder Klassen) zusammenschließen. Beispielsweise könntest Du bei einer Unternehmensanalyse die Cluster Markt, Produktion, Vertrieb, Management, Finanzen und Personal verwenden. Achte auch hier auf Unmissverständlichkeit und Unabhängigkeit der Cluster.
Stärken-Schwächen-Kurven – „Wie können wir die Vor- & Nachteile der Alternativen einprägsam visualisieren?“
Jede Alternative wird für jedes Kriterium im Rahmen der möglichen Ausprägungen beurteilt. Anschließend verbindest Du die Werte analog der Nutzenkurven des Strategy Canvas zu Stärken-Schwächen-Kurven (auch Bewertungslinien). Diese zeigen auf einen Blick die Stärken und Schwächen einer Alternative. Gerne kannst Du Hinweise zur Bewertung in einem Kommentarfeld ergänzen.
Ergänze ein Stärken-Schwächen-Profil zusätzlich durch Meta-Informationen wie einem aussagekräftigen Titel, die verantwortlichen Autoren sowie das Datum der letzten Aktualisierung.
Anwendung
Ein Stärken-Schwächen-Profil kannst Du allein oder im Team auf Basis eines Workshops aufstellen.
1. Initiieren
Fixiere zu Beginn den Zweck und die Ziel der Stärken-und-Schwächen-Analyse.
- Welche Akteure benötigen das resultierende Profil?
- Welche Entscheidung soll das Profil unterstützen bzw. welche Wissenslücke schließen?
- Welcher Sachverhalt und Alternativen sind zu betrachten?
Präzisiere dann die Beurteilungskriterien und ihre Ausprägungen.
2. Erstellen
Erstelle nun das Stärken-Schwächen-Profil, am besten Alternative für Alternative. Nutze dazu Experteneinschätzungen, Beobachtungen, Messungen und Informationen.
3. Einsetzen
Interpretiere die Resultate. Nutze dazu Leitfragen wie:
- Was bedeuten die Stärken bzw. Schwächen für den Sachverhalt?
- Welche Stärken sollten ausgebaut, welche Schwächen ausgeglichen werden?
- In welchem Cluster dominiert eine Alternative als ‚Best-in-Class‚ die Anderen?
- Welche Alternative kann ignoriert werden, da sie in vielen Kriterien unterliegt?
Bespreche die Resultate mit Deinem Auftraggeber und beschließt die nächsten Schritte.
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Beispiele
Stärken und Schwächen von IT-System
Die Abbildung zeigt die Vorteile und Nachteile dreier IT-Systemlösungen. Qualitative Hinweise sind rechts in den Freitextspalten ergänzt. Schnell wird dem Leser klar, dass ALM Octane die führende Lösung ist, dicht gefolgt von codeBeamer.
Vor- & Nachteile
Pro
- Ob Produktionswertketten, Marketingkampagnen, Produktlebenszyklen oder Technologiekomponenten – die Stärken-Schwächen-Analyse lässt sich unmittelbar und flexibel einsetzen.
- Das graphische Stärken-Schwächen-Profil schafft einen rasch und einfach erfassbaren Überblick auf die Vorzüge und Nachteile eines Sachverhalts sowie alternative Vergleichsoptionen.
- Das Werkzeug hilft die oft durch die Historie und eigene Prioritäten geprägte Selbstsicht zu objektivieren und den Blick auf erfolgskritische Faktoren zu fokussieren.
Contra
- Mit der Wahl der Schlüsselkriterien verengst Du zwangsläufig die Sicht auf einen Sachverhalt. Die Methode begutachtet einen Teilausschnitt, nicht das Gesamtbild.
- Die Einschätzung von qualitativen Kriterien verläuft subjektiv. Als Folge entspricht das Bewertungsergebnis nicht zwangsläufig der Realität.
- Regelmäßig bedingen sich die Stärken und Schwächen gegenseitig. Das erschwert die Beurteilung. Die Methode liefert Dir keinerlei Hilfestellung mit wechselseitigen Abhängigkeiten umzugehen.
- Der Fokus der Stärken-Schwächen-Analyse liegt ausschließlich auf bestehenden Faktoren. Chancen und Risiken werden nicht berücksichtigt.
Praxistipps
Tipp 1 – Kriterien zu Index zusammenfassen
Aggregiere die Stärken und Schwächen von einzelnen oder allen Clustern des Stärken-Schwächen-Profils mittels Addition zu einem Index. Die Kennwerte visualisierst Du anschließend in einem Portfolio und ziehst dieses für die Folgeplanung heran.
Tipp 2 – Zahl der Alternativen & Kriterien begrenzen
Bei 10 Beurteilungskriterien und 5 Alternativen hast Du bereits 50 (= 10 x 5) Einzelbewertungen zu treffen, bei 20 Kriterien verdoppelt sich Dein Aufwand. Da Datenbeschaffung, Beurteilung und Abstimmung Aufwände generieren, solltest Du nur die wesentlichen Optionen und Bewertungskriterien betrachten.
Tipp 3 – Aus mehreren Perspektiven bewerten
Lasse subjektive Bewertungskriterien durch verschiedene Personen evaluieren und bilde aus dem Ergebnis einen Mittelwert. Beispielsweise befragst Du Kunden per Fragebogen schriftlich und interviewst Kollegen in einer Serie von Gesprächen mündlich.
Tipp 4 – Auf eine Kriteriengewichtung verzichten
Optional kannst Du Bewertungskriterien mit Gewichten versehen, damit Betrachtungsfaktoren hervorheben oder zurückstellen. Gewichtungen müssen vorgeschlagen, abgestimmt sowie bei der Kalkulation und Auswertung berücksichtig werden.
Überlege Dir zweimal, ob diese tatsächlich die Aussagekraft Deiner Stärken-Schwächen-Analyse verbessern. Führe Gewichte am Schluss ein, sobald bereits eine ungewichtete Fassung des Profils besteht.
Ursprung
Als Begründer der Stärken-Schwächen-Analyse gilt der Professor für Betriebswirtschaftslehre und Management Henry Mintzberg. In den 1960er Jahre konzipierte der Kanadier die Technik im Rahmen seiner Forschungs- und Lehrtätigkeiten.
Bonusmaterial
Learndocs: Die Stärken Schwächen Analyse (2 min) – die Technik erklärt
- Christoph Egli: Stärken-Schwächenprofil – ein Stärken-Schwächen-Profil für die Bewertung der eigenen Person
- Innovations-Wissen: Stärken-Schwächen-Analyse – ausführlicher Beitrag zur Anwendung der Technik bei der Bewertung von Unternehmen
- Karrierebibel: Stärken-Schwächen-Analyse: So nutzen Sie diese für sich – Anwendung der Methode auf die eigene Person zur Bestimmung von Entwicklungspotentialen
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