Der Service Blueprint – Dienste kundenorientiert designen
Als Betriebsverantwortlicher, Service-Leiter oder Chief Operation Officer bzw. deren Berater bist Du mit folgenden Fragen konfrontiert:
- Welche Prozesse eines Services erleben die Kunden aktiv und welche geschehen im Hintergrund?
- Welche Interaktionsschritte finden zwischen Kunden und Mitarbeitern sowie zwischen den Mitarbeitern untereinander statt?
- Welche Dienstleistungsabläufe können zwecks besserem Kundenerlebnis bzw. effizienterer Umsetzung optimiert werden?
Unterstützung findest Du im Service Blueprint und dem Verfahren des Service Blueprintings.
Ergebnis: Für Kunden sichtbare und unsichtbare Serviceschritte visualisiert
Teilnehmer: mind. 1 (besser im Team von Serviceexperten)
Dauer: ab 30 Minuten (je Umfang und Detailtiefe)
Utensilien: Flipchart/Whiteboard/Metaplan-Wand, Karten & Stifte oder Notebook & Office Software
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Zweck
Ein Service Blueprint hilft Dir eine neue oder bestehende Dienstleistung visuell zu entwickeln, zu analysieren und zu verbessern. Die Darstellung zeigt alle in einem Service enthaltenen kunden- und mitarbeiterseitigen Abläufe in chronologischer Reihenfolge sowie die wechselseitigen Interaktionen.
Nutze einen Service Blueprint als Big Picture für einen Service. Das Planungs- und Analysewerkzeug leistet insbesondere zu Beginn einer (Weiter-)Entwicklungsinitiative einer Dienstleistung eine solide Ausgangsbasis.
Synonyme für den Service Blueprint sind ServiceBlueprint, Service Blaupause bzw. Dienstleistungsvorlage.
Aufbau
Service Blueprint – „Worin bestehen die Abläufe und Interaktionen eines Services?“
Ein Service Blueprint besteht aus fünf vertikal aufeinander aufbauenden Bereichen. Diese Beschreiben enthalten die Abläufe und Interaktionen der Dienstleistung. Notiere Abläufe auf Karten. Diese kannst Du nachträglich verschieben, stapeln und entfernen. Außerdem zwingen Karten zur Prägnanz.
Sortiere die Karten chronologisch von links nach rechts auf der Arbeitsfläche. Achte darauf, dass zusammengehörige Karten der Bereiche direkt untereinander angeordnet sind.
Versehe den Service Blueprint zudem mit Meta-Informationen wie einen aussagekräftigen Titel, den verantwortlichen Autoren sowie das Datum der letzten Aktualisierung.
Kundenkanäle – „Womit erhält ein Kunde den Service?“
Alle Medien, über die ein Kunde den Service in Anspruch nimmt.
- Löst ein Kunde den Service asynchron (z.B. E-Mail) oder synchron (z.B. Vor-Ort-Besuch) aus?
- Welche Berührungspunkte (engl. Touchpoints) durchläuft ein Nutzer im Service?
- Worin bestehen die Interaktionsträger zwischen Servicenehmer und Servicegeber?
In der Originalfassung des Service Blueprints lautet der Bereich ‚Tangible Service Evidence‚ (greifbarer Dienstnachweis) und beinhaltet alle Elemente, die den Kunden bei der Wahrnehmung der Dienstleistung beeinflussen.
Kundenaktionen – „Was muss der Kunde aktiv für den Service leisten?“
Alle Prozesse, die ein Kunde aktiv im Rahmen des Services realisiert.
- Welche Aktionen sind seitens des Kunden für den Service erforderlich?
- Wie sieht die Nutzerreise von Service-Beginn bis Service-Ende aus?
- Welche Aufgaben muss ein Servicenehmer für die Dienstleistung erfüllen?
Sichtbare Mitarbeiteraktionen – „Welche Service Prozesse sind dem Kunden bekannt?“
Alle Prozesse, die ein Mitarbeiter für den Service erkennbar für den Kunden realisiert (Frontstage).
- In welchen Tätigkeiten interagiert ein Sachbearbeiter mit dem Kunden?
- Welche Handlungen nimmt der Servicenehmer beim Servicegeber wahr?
- Für welche Anfragen interagiert ein Mitarbeiter mit dem Nutzer?
Die Interaktionslinie trennt visuell die Aktivitäten des Kunden von denen der Mitarbeiter.
Unsichtbare Mitarbeiteraktionen – „Welche Service Prozesse sind dem Kunden unbekannt?“
Alle Prozesse, die ein Mitarbeiter für den Service unerkennbar für den Kunden realisiert (Backstage).
- Welche Service-bezogenen Leistungen sind dem Kunden nicht bewusst?
- Welche Aktivitäten muss ein Mitarbeiter vor oder nach einer Kundeninteraktion ausführen?
- Welche ToDos laufen im Hintergrund der Service-Erbringung parallel ab?
Die Sichtbarkeitslinie trennt visuell die Aktivitäten, die Kunden eines Services aktiv mitbekommen von denen, die für sie nicht sichtbar sind.
Unterstützungsaktionen – „Welche Service Prozesse sind Voraussetzung für den Service?“
Alle Prozesse, die ein Mitarbeiter für die Grundlagen der Service-Erbringung realisiert.
- Welche Abläufe zahlen nicht direkt auf den Service ein, sind für diesen aber notwendig?
- Was sind die erforderlichen Management- und Support-Aufgaben?
- Worin bestehen den Leistungen von externen Partnern?
Die Implementierungslinie trennt visuell Service-bezogene Aktionen von Unterstützungsaktionen.
Anwendung
Einen Service Blueprint kannst Du allein oder im Team anfertigen. Empfehlenswert ist ein gemeinsamer Blueprinting-Workshop mit den verantwortlichen Service Experten. Diese kennen ihre Abläufe sowie die Interaktionen mit den Kunden.
1. Blueprint scopen
Lege zunächst den Zweck und Betrachtungsbereichs des Service Blueprints fest.
- Welche Akteure benötigt das Ergebnis für welche Folgeschritte?
- Welche Kunden, Kanäle und Aktionen sollen betrachtet werden?
- Was liegt explizit außerhalb des Scopes?
2. Kundenkanäle & -aktionen identifizieren
Starte den Service Blueprint mit den Kundenkanälen. Finde für jeden Kanal die passenden Aktionen und sortiere diese chronologisch. Gerne kannst Du Kunden interviewen oder beobachten, um mehr über ihre tatsächlichen Abläufe herauszufinden.
3. Mitarbeiteraktionen identifizieren
Finde nun zunächst die sichtbaren und anschließend die unsichtbaren Mitarbeiteraktionen heraus. Arbeite dazu eng mit den verantwortlichen Sachbearbeitern des Services zusammen.
4. Unterstützungsprozesse identifizieren
Ergänze schließlich ganz unten im Blueprint alle Prozesse, die für die Service Bereitstellung notwendig sind.
5. Service optimieren
Nutze den Service Blueprint für die Analyse und Weiterentwicklung der Dienstleistung.
- Bei welchen sichtbaren Aktionen vor Kunde kommt es zu Zeitverschwendung?
- Wo sollten nicht-sichtbare Abläufe parallelisiert werden?
- Wie können Mitarbeiter mit hohen Kundenkontakt durch Kräfte ohne Kundenkontakt entlastet werden?
Kommuniziere den Blueprint und entwickle diesen bedarfsorientiert weiter.
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Beispiele
Service Bluprint für den Dienst ‚Briefversand‘
Nachfolgende Abbildung zeigt den Service Blueprint für die Dienstleistung ‚Briefversand‘. Bewusst habe ich die Beschreibung verkürzt und auf Sonderfälle wie Nachnahme, Expresszustellung, Unzustellbarkeit oder versicherter Versand verzichtet.
Wie erkennbar beinhaltet der Service nur sehr wenige sichtbare Mitarbeiteraktionen. Dafür muss der Diensterbringer mit Info-Webseite, Briefmarken-Shop, Briefkasteninfrastruktur etc. sehr viele Unterstützungsaktionen für die Erbringung einrichten und in Stand halten.
Vor- & Nachteile
Pro
- Mit dem Service Blueprint gestaltest Du eine Dienstleistung aus Kundensicht. Startpunkt sind die Kanäle und Aktionen des Servicenehmers.
- Das Konzept berücksichtigt ebenfalls alle dem Kunden verborgenen sowie vorbereitenden und nachbereitenden Aktivitäten einer Dienstleistung.
- Die resultierende Visualisierung ist schnell verständlich und einfach merkbar und lässt sich auch später in der Service-Erbringung immer wieder gut für Kommunikation und Verbesserungen heranziehen.
Contra
- Das Konzept ist auf standardisierte Dienstleistungen mit klaren Interaktionsmustern und Abläufen beschränkt.
- Für die initiale Erstellung eines Service Blueprints ist nennenswerte Zeit erforderlich, speziell wenn die Dienstleistung verschiedene Kanäle, Aktionen und Mitarbeiter involviert.
- Der Service Blueprint beschreibt eine Dienstleistung auf einem groben Detaillierungsgrad. Vernetzungen zwischen Abläufen (z.B. Parallelität, Bedingungen) und Service-Qualitätseigenschaften (z.B. Antwortzeit, Verfügbarkeit) werden vollständig ausgeblendet.
Praxistipps
Tipp 1 – Blueprint mit Zusatzkonzepten erweitern
Verbinde Deinen Service Blueprint mit übergreifenden oder tiefergehenden Konzepten. Einige Anregungen:
- Detailliere die im Service Katalog hinterlegten Dienstleistungen.
- Identifiziere Kundenkanäle und -aktionen mittels der Customer Journey.
- Präzisiere die Abläufe mittels dem SIPOC Diagramm oder der Ereignisgesteuerten Prozesskette.
- Expliziere die Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung der Mitarbeiter mit Hilfe der AKV Methode.
- Definiere den Nutzen des Services auf Basis des Value Proposition Canvas.
- Flankiere die im Blueprint verwendeten Begriffe durch ein Glossar oder Klassendiagramm.
Achte auf die Konsistenz der in den Ergebnissen verwendeten Elemente.
Tipp 2 – Abläufe mit Infos visuell anreichern
Erhöhe die Ausdrucksmächtigkeit und den Nutzen des Service Blueprints mittels visueller Erweiterungen und Zusatzinformationen. Auch hier mehrere Anregungen:
- Notiere durchschnittliche Ausführungszeiten einer Aktion oben links auf der Karte.
- Dokumentiere gemessene Mengengerüste einer Aktion oben rechts auf der Karte.
- Färbe die Karte einer Aktion gemäß ihrem Verbesserungspotential ein (z.B. grün – Service perfekt, gelb – Service optimierbar, rot – Service mangelhaft).
Ergänze den Blueprint durch eine Legende und sorge damit für ein eindeutiges Verständnis.
Tipp 3 – Elemente selektiv mit Ablauflinien verbinden
Verbinde die einzelnen Aktionen des Service Blueprints und visualisiere auf diese Weise die Ablaufsequenzen. Es gilt: Weniger ist mehr. Streiche die wesentlichen Verbindungen heraus und betone damit die zeitliche Reihenfolge.
Ursprung
1984 schlug G. Lynn Shostack den Service Blueprint im Beitrag Designing Services That Deliver im Magazin Harvard Business Review vor. Der US-amerikanische Bankmanager suchte damals nach einem Konzept die mit einer Dienstleistung verbundenen Abläufe kundenorientiert zu visualisieren.
Bonusmaterial
George Zakher: Service Blueprint (5 min) – englischsprachiges Beispiel ‚Einschreibung eines Studierenden in ein Ausbildungsprogramm‘
- Christophe Vetterli, Florian Liberatore, Vanessa Hin: Service Blueprint – das Konzept mit Beispielen aus dem Gesundheitsbereich erklärt
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Ich finde es hilfreich, jede Komponente mit einem Ziel zu versehen. Das ist die Antwort auf die Frage, „Worauf kommt es hier an?“
Das Ziel kann viele Formen haben, z.B.
– Ausführungsdauer
– Kundenzufriedenheit
– Klarheit der Kommunikation
Dadurch verstehen alle Beteiligten, wie Qualität in jeder Komponente definiert ist.
Hallo Herr Horton,
besten Dank für den Hinweis, im Idealfall ist das Ziel messbar 😉
Viele Grüße, Christopher