RICE Scoring

Das RICE Scoring – Vorschläge nach 4 Kriterien priorisieren

Als Produktverantwortlicher, Service-Manager oder Systemverantwortlicher bzw. deren Berater bist Du mit folgenden Fragen konfrontiert:

  • Was hilft uns die wirksamsten Einfälle für ein neues Produkt bzw. eine neue Dienstleistung herauszufiltern?
  • Welches Werkzeug strukturiert das Priorisieren von möglichen Verbesserungsmaßnahmen für unser bestehendes Wertangebot?
  • Welche Anforderungen an das soziotechnische System sollten wir zuerst angehen, welche können warten?

Unterstützung findest Du im RICE Scoring und dem resultierenden RICE Chart.


Ergebnis: Menge von (Weiter-)Entwicklungsvorschlägen auf Basis von vier Kriterien bewertet

Teilnehmer: mind. 1 (besser: im Team)

Dauer: ab 10 Minuten (je nach Anzahl von Vorschläge und Teilnehmer)

Utensilien: Whiteboard/Flipchart/Metaplan-Wand, Karten & Stifte oder Notebook & Office Software


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Zweck

Das RICE Scoring hilft Dir bei der systematischen Bewertung von vergleichbaren Entwicklungs- bzw. Umsetzungsvorschlägen. Nutze das Priorisierungsrahmenwerk für die einheitliche und nachvollziehbare Einschätzung von Projektideen, Maßnahmenoptionen, Produktanforderungen, Marketingkampagnen, Change Requests, Verbesserungsanträgen oder andere mögliche (Weiter-)Entwicklungstätigkeiten.

Der Begriff RICE ist ein englischsprachiges Akronym und steht für die vier Eigenschaften eines Vorschlags Reach, Impact, Confidence, Effort, zu deutsch, Reichweite, Einfluss, Zuversicht und Aufwand.

Als eingängiges Bewertungsmodell objektiviert das RICE Scoring die Entscheidungsfindung. Statt aus einem emotionalen Bauchgefühl heraus für irgendeine Realisierungsidee zu votieren, prüfst Du zuvor systematisch die Möglichkeiten entlang vier definierter Kriterien. Das schafft Klarheit im Vorgehen, bringt Rationalität in die Bewertung und sorgt für eine transparente Beschlusslage.

Synonyme für das RICE Scoring sind RICE Framework, RICE Scoring, RICE Score Methode oder RICE Bewertung.


Aufbau

RICE Scoring – „Was ist der beste Entwicklungsvorschlag?“

Im Zentrum des Scoring nach RICE stehen die vier Bewertungskriterien Reach, Impact, Confidence und Effort. Versehe den resultierenden RICE Chart (auch RICE Matrix bzw. RICE Tabelle) mit nützlichen Meta-Infos wie einem aussagekräftigen Titel, den verantwortlichen Autoren sowie das Datum der letzten Aktualisierung.

RICE Scoring
Struktur und Elemente des RICE Scorings

Reach (Reichweite) – „Wie viele erreicht die Entwicklung?“

Wirkungsradius eines Vorschlags.

  • Wie viele Nutzer profitieren von der Verbesserung?
  • Wie viele Kunden zieht das neue Feature an?
  • Welche Sichtbarkeit könnte die Idee generieren?
  • Wie viele Medienhäuser interessiert das Thema?

Sichere die Angaben mit quantifizierbaren Daten beispielsweise auf Basis von Kundeninterviews, Nutzerbefragungen oder Desk Research ab. Je aktueller, umfassender und detaillierter die Datengrundlage, desto genauer Deine Angaben zur Reichweite. Numerische Angaben helfen Dir bei der sich anschließenden Priorisierung.

Impact (Einfluss) – „Wie stark ist die Entwicklung?“

Effektstärke eines Vorschlags.

  • Bei wie vielen Personen wird das Produkt einen Kaufimpuls auslösen?
  • Welche Zahl von Kunden wird sich für die Bezahlvariante entscheiden?
  • Wie viele Zuschauer werden nach dem Kurzfilm zur Tat schreiten?
  • Wie hoch wird das Presseecho ausfallen?

Oft fällt es schwer die Auswirkungsintensität einer noch nicht realisierten Maßnahme zu beziffern. Arbeite mit Skalen, beispielsweise 1 für geringer, 2 für mittlerer und 3 für hoher Einfluss. Bringe zudem die Analogietechnik zum Einsatz.

Confidence (Zuversicht) – „Wie sicher ist die Entwicklung?“

Erfolgswahrscheinlichkeit eines Vorschlags.

  • Wie gewiss ist diese Verbesserung machbar und für die Kunden attraktiv?
  • Mit welcher Wahrscheinlichkeit landet dieser Produktvorschlag einen Erfolg?
  • Wie sicher erreichen wir mit diesem Projekt das Ziel?
  • Mit welcher Zuversicht stößt das Thema auf eine positive öffentliche Resonanz?

Baue für die Bewertung von Confidence auf eigene Erfahrung sowie Analogien von vergleichbaren Fällen. Alternativ betrachtest Du das Risiko als Wahrscheinlichkeit auf Misserfolg.

Nutze Prozentintervalle, um die Zuversicht einer Maßnahme auszudrücken. Eine praxistaugliche Einteilung ist 100 Prozent für vollständige, 80 Prozent für hohe, 50 Prozent für geringe und < 50 Prozent als sehr geringe Erfolgsaussicht.

Effort (Anstrengung) – „Wie aufwändig ist der Entwicklungsvorschlag?“

Umsetzungsaufwand für einen Vorschlag.

  • Mit welcher Investitionssumme müssen wir für das Projekt rechnen?
  • Wie lange arbeitet das Team an dem vorgeschlagen Feature?
  • Wie viele der verfügbaren Kapazität ist für die Ideenumsetzung erforderlich?
  • Welche Realisierungszeit müssen wir für die Idee veranschlagen?

Wo Reach und Confidence auf den Nutzen einer Maßnahme abzielen, betrachtet Effort ihre Kosten. Beziffere die Anstrengungen mit branchenüblichen Größen. Beispielsweise sind für Wissensvorhaben die Personentage eine gute Maßzahl.

Nutze Aufwandsschätzungen wie das Planning Poker oder die Drei-Punkt-Schätzung und bestimme realistische Umsetzungsaufwände.

RICE Score – „Welche Entwicklung sollte weiterverfolgt werden?“

Berechnet den Stellenwert eines Vorschlags nach der Formel:

(Reach x Impact x Confidence) / Effort = RICE Score.

Je höher der Score, desto höher die Priorität eines Vorschlags. Anders ausgedrückt: Ein Vorschlag wird genau dann mit Zeit, Geld und Aufmerksamkeit verfolgt, falls dieser gegenüber anderen Vorschlägen einen hohen RICE Score besitzt.


Anwendung

Das RICE Scoring  kannst Du allein oder gemeinsam mit anderen im  Workshop einsetzen. Achte bei der Anwendung im Team auf fachkundige Teilnehmer, ein einheitliches Verständnis zu den verfügbaren Vorschlägen sowie einen abgestimmten Bewertungsprozess.

1. Reach festlegen

Starte bei RICE mit der Reichweite, als der von den einzelnen Vorschlägen affektierten Menge. Gehe Idee für Idee durch.

2. Impact bestimmen

Überlege dann, wie hoch die Auswirkungen der einzelnen Vorschläge sind. Erneut betrachtest Du alle Vorschläge, bevor Du das nächste Kriterium angehst.

3. Confidence bewerten

Widme Dich nur den Erfolgsaussichten aller Vorschläge. Gehe von Analogien aus oder stelle einen Paarweisen Vergleich an.

4. Effort beziffern

Benenne nun den Aufwand, der für die Durchführung jeder Vorschläge erforderlich ist.

5. Scoring nutzen

Berechne für jeden Vorschlag das Scoring. Interpretiere das Ergebnis. Entscheide Dich für die Option mit dem höchsten Gesamtwert und setze diesen um.



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Beispiele

RICE Scoring für einen Kinofilm

Angenommen Du bist Besitzer eines Programmkinos und planst einen Filmklassiker von Steven Spielberg auszustrahlen. Dir stehen drei Filme zur Auswahl: E.T., Die Farbe Lila sowie Hook. Mittels RICE Scoring bewertest Du die potentielle Zuschauerzahl (Reach), den angenommenen Getränke & Popcornkonsum (Impact), Deine Gewissheit in den Filmerfolg (Confidence) sowie die Leihgebühren für den Streifen (Effort).

RICE Scoring
RICE Scoring für die Wahl eines Films durch ein Programmkino

Nach dem RICE Scoring solltest Du Dich entweder für E.T. oder Hook entscheiden.


Vor- & Nachteile

Pro

  • Das RICE Scoring ist eine schnelles und praktisches, jedoch kein banales Verfahren aus einer Menge von Vorschlägen einen überzeugenden Kandidaten herauszufiltern.
  • Die mit der Methode verbundenen vier Kriterien und ihre Bezeichnungen sind eindeutig und decken viele Facetten eines Vorschlags ab.
  • Die mit der Methode festgelegte Priorisierungsreihenfolge ist für Stakeholder unmittelbar nachvollziehbar. Die Technik ist schnell verständlich und einfach anwendbar.
  • Marketing, Produktentwicklung, System Engineering, Strategieumsetzung – das RICE Scoring lässt sich flexibel und einfach nutzen.

Contra

  • Obwohl das RICE Scoring mit Reichweite, Einfluss, Zuversicht und Anstrengung viele zentrale Aspekte eines Vorschlags abdeckt, ignoriert es andere wichtige Kriterien wie Risiko, Umsetzungsdauer, Abhängigkeiten oder Folgekosten.
  • Die Technik sagt nichts darüber aus, welche Daten für die einzelnen Kriterien herangezogen werden sollten, wie diese zu erheben sind bzw. schließlich ausgewertet werden können.
  • Wie bei der MoSCoW Methode oder dem Paarweisen Vergleich handelt es sich auch beim  RICE Scoring um eine Stichtagsbetrachtung. Das Umfeld kann sich ändern, neue Vorschläge entstehen, Scoring Daten wechseln oder bewertende Stakeholder von ihrer ursprünglichen Bewertung abrücken.

Praxistipps

Tipp 1 – Mit Paarweisen Vergleich Scores verbessern

Nutze innerhalb eines Kriteriums von RICE die Methode Paarweiser Vergleich und stelle mit diesem eine Rangfolge der Vorschläge her. Deine Bewertung wird etwas mehr Zeit benötigen, dafür ist Dein Ergebnis aussagekräftiger.

Tipp 2 – Bewertung auf ICE Kriterien verkürzen

Stehen Dir sehr viele Vorschläge zur Auswahl, kannst Du die vier RICE Kriterien zu drei reduzieren und damit die Bewertungszeit verkürzen. Nutze dazu das ICE Scoring.

  • Impact – Auswirkung
  • Confidence – Zuversicht
  • Ease – Anstrengung

Reichweite und Einfluss fasst Du im Kriterium Impact zusammen. Die angepasste Scoring Formel lautet (Impact x Confidence)/Ease. Laut Quellen geht das ICE Scoring auf Sean Ellis zurück, der den Ansatz in seinem Buch Hacking Growth* vorstellt.

Tipp 3 – Vorschlägen bewusst nicht nachgehen

Die Vorschläge mit dem höchsten RICE Score solltest Du angehen. Und Ideen mit dem tiefsten RICE Wert? Die setzt Du auf eine Not-To-Do Liste als Sammlung von Möglichkeiten, die Du bewusst nicht weiter verfolgst.

Tipp 4 – RICE Scoring im Team durchführen

Wende die Scoring Methode im Team an, falls dies Euer Zeitplan erlaubt. Damit…

  • profitiert die RICE Bewertung vom Wissen und den Erfahrungen mehrerer Teilnehmer,
  • gewinnen alle Beteiligten das gleiche Verständnis zu den Vorschlägen,
  • entstehen meist neue – meist bessere – Vorschläge, die auf den vorhandenen aufbauen sowie
  • können Folgeaufgaben direkt an die beteiligten Akteure vergeben werden.

Ursprung

Laut Internetquellen entwickelt der US-Amerikanische Kommunikationssoftwarehersteller Intercom das RICE Scoring. Ziel der Produktentwickler war es das eigene Entscheidungsvorgehen zu verbessern. Intercom testete mehrere Bewertungsrahmen aus und ersann daraufhin das RICE Modell.


Bonusmaterial

Flux: How To Prioritise Features (1 min) – Beispiel für das Scoring Verfahren

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