Prozesslandkarte

Die Prozesslandkarte – Wertschöpfung sichtbar machen

Als Unternehmensleiter, Betriebsverantwortlicher oder Unternehmensarchitekt bzw. deren Berater bist Du mit folgenden Fragen konfrontiert:

  • Auf welchen Hauptprozessen fußt die Wertschöpfung unseres Unternehmens heute und wie sind deren Wechselwirkungen?
  • Welche neuen, angepassten oder reduzierten Abläufe benötigt unsere Organisation in der Zukunft?
  • Welches Modell taugt als änderungsrobuste Kommunikationsgrundlage zwischen Fach- und IT-Vertretern?

Unterstützung findest Du in der Prozesslandkarte und dem Verfahren des Process Mappings.


Ergebnis: Übersicht und Beschreibung der Hauptprozesse einer Organisation erstellt und kommuniziert

Teilnehmer: mind. 1 (Ersteller)

Dauer: ab 10 Minuten je einzelnem Prozess (Initialfassung)

Utensilien: Notebook & Office Software oder Prozessmanagement-Software


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Zweck

Mit einer Prozesslandkarte visualisierst, analysierst und strukturierst Du die wichtigsten Geschäftsprozesse einer Unternehmens oder öffentlichen Institution auf einer Überblicksebene. Nutze die grafische Darstellung der aktuellen oder geplanten Ablauforganisation für folgende Aufgaben:

  • Kommunikation – abteilungsübergreifende Transparenz und einheitliches Verständnis über das Zusammenspiel der Abläufe
  • Optimierung – prozessübergreifende Standardisierung und Verknüpfung der arbeitsteilig wirkenden Bereiche
  • Steuerung – strategisches Prozessmanagement mittels Kennzahlen

Die Prozesslandkarte bildet die oberste Ebene der Prozessarchitektur. Als stabiler und einfach verständlicher Rahmen eines Unternehmens gibt sie der Leitung, den Managern und den Fachkräften Auskunft über die grundlegende Wertschöpfung ihrer Organisation.

Synonyme für die Prozesslandkarte sind Prozessmodell und Prozesslandschaft oder die englischen Bezeichnungen Process Map bzw. Process Model.


Aufbau

Prozesslandkarte – „Wie schöpft eine Organisation Wert?“

Die Prozesslandkarte zeigt die Gesamtheit aller Geschäftsprozesse eines Unternehmens grafisch aufbereitet in einer Top-Level-Übersicht. Das Modell hilft die Prozesse in die Landschaft einzuordnen und abzugrenzen sowie Schnittstellen darzustellen.

Die genaue Struktur und die einzelnen Elemente sind nicht normiert und variieren von Organisation zu Organisation. Richte den Aufbau und die Inhalte am besten an den Informationsbedarfen der Kartenempfänger aus.

Prozesslandkarte
Struktur und Elemente einer Prozesslandkarte

Die Prozesslandkarte unterscheidet zwischen drei Prozesskategorien. Von oben nach unten in der Karte:

  • Managementprozesse (auch Führungs-, Steuerungs- oder Wertschaffende-Prozesse): Definieren den Weg. Sie planen, entscheiden, überwachen, koordinieren, steuern und verbessern die Prozesse und bilden damit den unternehmerischen Gesamtrahmen. Typischer Vertreter sind der Strategieprozess.
  • Leistungsprozesse (auch Primär-, Kern- oder Wertschöpfende-Prozesse): Gehen den Weg. Sie erstellen aus einem Input einen an den Kundenanforderungen ausgerichteten werterzeugenden Output und sind damit gleichzeitig unternehmensspezifisch und wettbewerbskritisch. Typische Vertreter sind Entwicklungs-, Produktions- und Wartungsprozess.
  • Unterstützungsprozesse (auch Befähigungs-, Support- oder Wertsichernde-Prozesse): Unterstützen den Weg. Sie schaffen die notwendigen Voraussetzungen für die Wertschöpfung und stehen häufig in einem internen Lieferantenverhältnis zu den Leistungsprozessen. Typische Vertreter sind Personal-, Infrastruktur- und Finanzprozesse.

Leistungsprozesse bedienen externe Kunden, Unterstützungsprozesse interne Kunden. In der Regel enthält eine Prozesslandkarte mehr Unterstützungsprozesse als Leistungsprozesse. Wiederum liegt die Zahl der Leistungsprozesse über die der Managementprozesse.

Eine gute Prozesslandkarte erfüllt die beiden Kriterien des MECE Prinzips. Die Prozesse beschreiben die Wertschöpfung der Organisation vollständig und sind zudem überlappungsfrei. Versehe die Karte mit Meta-Informationen wie einem aussagekräftigen Titel, den verantwortlichen Autoren sowie das Datum der letzten Aktualisierung.

Geschäftsprozess – „Wer erstellt wie ein Ergebnis?“

Ein Geschäftsprozess (auch Fachprozess oder Business Process) ist eine feste wiederkehrende Abfolge verbundener Aktivitäten. Jeder Prozess…

  • verfolgt ein operatives, taktisches oder strategisches Ziel,
  • besitzt spezifische Inputs (z.B. Daten, Rohstoffe) und Outputs (z.B. Produkte, Dienstleistungen)
  • nutzt Ressourcen (z.B. IT-Systeme, menschliche Arbeitsleistung),
  • besteht aus strukturierten Arbeitsschritten, die stets in identischer Reihenfolge durchgeführt werden,
  • affektiert eine Unternehmensrolle und
  • generiert einen Nutzen für den Output-Empfänger,

Mit einem Prozess transformierst Du einen definierten Input in einen definierten Output. Jeder Prozess sollte einen Verantwortlichen – den Process Owner – haben.

Achte auf eine einheitliche Formulierung der Prozesse als Wortgruppe endend mit einem Verb. Prozesse mit Vorgänger bzw. stellst Du als Chevron-Symbol, alleinstehende Abläufe als Rechteck mit abgerundeten Ecken dar.

Kunden- & Partnergruppen – „Wer ist an der Wertschöpfung beteiligt?“

Kunden- und & Partnergruppen umfassen alle wichtigen Anforderer und Empfänger einer Prozessleistung sowie zentrale Beitragende zu den Geschäftsprozessen. Nutze Icons und eindeutige Bezeichnungen.


Anwendung

Eine Prozesslandkarte erstellst Du am besten im Team im Rahmen eines Workshops. Binde Personen ein, die sich mit den Organisationsabläufen gut auskennen und die Basiskonzepte der Prozessmodellierung kennen. Grundlage ist das Process Mapping, manchmal auch Process Modeling genannt. Richte den Inhalt der Karte an den Lesern, ihren Fragen und Entscheidungsbedarfen aus.

1. Prozesse identifizieren

Identifiziert zunächst die Prozesse in der Organisation. Beginnt mit den Leistungsprozessen, anschließend die Unterstützungsprozessen und schließlich die Managementprozesse.

  • Wer arbeitet bei was mit wem zusammen?
  • Welche Prozesse sind bereits dokumentiert?
  • Was sind die stabilen Kernaktivitäten eines Unternehmens?

Dokumentiert die wichtigsten Merkmale der einzelnen Geschäftsprozesse tabellarisch. Arbeitet Top-Down, beginnend mit der Gesamtübersicht und geht anschließend in die Details.

Falls vorhanden, verwendet ihr einen Branchenstandard wie ITIL oder eTOM als Grundlage für die Prozesslandkarte und prägt diesen für die Zielorganisation individuell aus. Auch vorhandene Prozessdokumentationen sind ein hilfreicher Input.

2. Prozesse unterscheiden

Teilt die Prozesse in die drei Klassen Leistung, Unterstützung und Management ein.

  • Steht der Ablauf im direkten Bezug zum Kunde und wird mit diesem Umsatz generiert, dann handelt es sich um einen Leistungsprozess.
  • Ermöglicht die Tätigkeit die Leistungserbringung ohne dabei in Verbindung zum Kunden zu stehen ist dies ein Unterstützungsprozess.
  • Fokussiert der Prozess auf Steuerung, Leitung und Management, dann wurde ein Managementprozess identifiziert.

3. Prozesslandkarte erstellen

Visualisiert die Prozesslandkarte, beispielsweise mit verfügbarer Office Software oder alternativ einer speziellen Prozessmanagement-Software.

Kommunizieren das Ergebnis an die nutzenden Stakeholder.

  • Wo liegt der konkrete Mehrwert der Karte?
  • Wie kann die Darstellung verwendet werden?
  • Was fehlt noch bzw. ist ungenau dargestellt?

Dies und weitere Prozesslandkartenaspekte müssen vermittelt werden. Teste dazu verschiedene Kommunikationskanäle.

4. Prozesslandkarte weiterentwickeln

Eine Prozesslandkarte ist so individuell wie die Wertschöpfung der dahinterliegenden Organisation. Verfeinere die Karte schrittweise auf Basis von Nutzer-Feedback aus der Praxis. Selten ist der erste Vorschlag der Optimale, werden von Beginn an alle Prozesse berücksichtigt bzw. korrekt geschnitten. Auch ändert sich das Geschäftsmodell von Unternehmen, damit die Wertschöpfung und verbundenen Prozesse.

Ernenne zudem einen Verantwortlichen, der die Konzeption vorantreibt und die resultierende Karte zukünftig aktualisiert.



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Beispiele

Prozesslandkarte eines Anlagenbauers

Nachfolgende Abbildung zeigt Dir beispielhaft die Prozesslandkarte eines mittelständischen Anlagenbauers.

Prozesslandkarte
Beispiel für die Prozesslandkarte eines Anlagenherstellers

Auf einen Blick erkennst Du die drei Hauptkunden des Herstellers: Anlagen-, Wartungs- und Handelskunden. Die insgesamt 33 Management-, Leistungs- und Unterstützungsprozessse geben Dir einen guten Überblick über die Wertschöpfung des Mittelständlers.

In einem nächsten Schritt könnten die einzelnen Prozesse vertieft werden, beispielsweise mit Hilfe eines SIPOC Diagramms, der AKV Methode oder der RACI Matrix.


Vor- & Nachteile

Pro

  • Das Konzept der Geschäftsprozesse ist den meisten Unternehmensvertretern bekannt. In Folge ist auch die Prozesslandkarte für viele Akteure verständlich und ein sinnvoll.
  • Die Prozesslandkarte schafft einen übergreifenden Begriffs- und Bezugsrahmen, der Orientierung gibt und hilft das Strategie- und das Tagessgeschäft miteinander zu verzahnen.
  • Die prozessorientierte Sicht auf das Unternehmen bietet ein nützliches Arbeitsskelett für Erweiterungen mit fachlichen (z.B. Organisationseinheiten, Geschäftsobjekte) und technischen (z.B. IT-Systeme,  Infrastukturkomponenten) Elementen.
  • Mit den Leistungsprozessen hat die Prozesslandkarte auch die Kunden und Partner eines Unternehmens fest im Blick.

Contra

  • Speziell in wissensgetriebenen Unternehmen in denen Prozesse geringere Relevanz besitzen als die Fähigkeiten, stiftet eine Prozesslandkarte nur begrenzten Mehrwert. Hilfreicher ist hier die Capability Map.
  • Die Prozesslandkarte fokussiert auf das ‚Wie‘ eines Unternehmens – den Kernaktivitäten. Weitere wesentliche Aspekte des Geschäftsmodells wie Wertangebote, Kosten, Erlöse, Kundenkanäle oder Kernressourcen berücksichtigt sie nur implizit oder überhaupt nicht.

Praxistipps

Tipp 1 – Landkarte mit Ebenen ausdifferenzieren

Mittlere und große Organisationen besitzen etliche Geschäftsprozesse. Falls Du hier alle Abläufe in eine Prozesslandkarte packst, wird ein Leser schnell den Überblick verlieren. Arbeite stattdessen mit mehreren Detaillierungsebenen, auch Prozessstufen bzw. Process Level genannt.

  • Ebene 1 gibt den Gesamtüberblick auf die Ablauforganisation
  • Ebene 2 zeigt für jeden Hauptprozess die einzelnen Teilprozesse
  • Ebene 3 illustriert die einzelnen Aktivitäten der Teilprozesse

Achte auf inhaltliche Konsistenz zwischen den verschiedenen Ebenen sowie eine einheitliche Modellierungssprache je Ebene. Verfeinere nur die Prozesse, für die  es auch Empfänger mit Informationsbedarfen gibt. Oft reicht die Detaillierung ausgewählter Leistungsprozesse aus.

In der Praxis durchgesetzt haben sich Prozesslandkarten mit bis zu vier Gliederungsebenen.

Tipp 2 – Mit den relevantesten Prozessen beginnen

Beginne bei einer Prozesslandkarte gemäß dem Pareto Prinzip mit den aus Nutzersicht relevantesten Prozessen. Das sind solche Abläufe, die oft und von vielen Kunden in Anspruch genommen werden. Mit den Erfahrungen wendest Du Dich dann den seltener genutzten Prozessen zu. Habe dabei Mut zur Lücke.

Tipp 3 – Karte mit visuellen Stilmitteln erweitern

Steigere die Ausdrucksmächtigkeit Deiner Prozesslandkarte, indem Du die Prozesse visuell anreicherst. Einige Anregungen:

  • Einfärbungen – Relevanz eines Prozesses für das Unternehmen
  • Ampel – Optimierungsbedarf eines Prozesses
  • Umrandungen – Automatisierungspotential eines Prozesses

Ergänze die Landkarte durch eine Legende, falls ein Leser die zusätzlichen visuellen Stilmittel missverstehen könnte.

Tipp 4 – Zwischen Ist-, Plan- und Ziel-Karten trennen

Es verwirrt den Leser einer Prozesslandkarte, falls diese mehrere Zeitebenen zugleich illustriert. Lege daher für…

  • die erhobenen Ist-Prozesse (Heute),
  • die beschlossenen Ziel-Prozesse (Zukunft) sowie
  • die abgeleiteten Plan-Prozesse (Zwischenschritt)

getrennte Karten an. Sorge zudem für eine professionelle Benennung und Versionierung der verschiedenen Maps.

Tipp 5 – Landkarte in der Organisation fest verankern

Eine Prozesslandkarte besitzt keinen Wert, falls sie im Schrank ausschließlich Staub ansetzt. Ebenso entscheidend wie das Ergebnis ist ihr Entstehungsprozess.

  1. Entwickle eine erste Fassung der Karte mit konstruktiven Vertretern unterschiedlicher Unternehmensbereiche
  2. Reviewe dann die Karte in getrennten Terminen mit den betroffenen Bereichen
  3. Beschließe einen finalen Stand mit dem jeweiligen Bereichsleiter
  4. Organisieren einen Gesamt-Workshop für alle Bereiche zum Beschluss der Karte
  5. Präsentiere die Karte dem Vorstand, Unternehmer, Geschäftsführer etc. und hole Dir dort die Zustimmung ab

Ursprung

Die Urform der Prozesslandkarte findest Du in den Publikationen des amerikanischen Managementprofessors Michael Eugene Porter wieder. Bereits in den 1980er Jahren wendete Porter die Wertkette in Unternehmen an, untergliederte mit dem Diagnoseinstrument eine Organisation in Primär- sowie Unterstützungstätigkeiten.


Bonusmaterial

procon Unternehmensberatung: Wie erstellt man eine Prozesslandkarte? (8 min) – das Konzept nachvollziehbar anhand eines Beispiels erklärt

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