Paarweiser Vergleich

Der Paarweiser Vergleich – rasch eine Rangfolge bestimmen

Als ProjektleiterManager oder Wissensarbeiter bzw. deren Berater bist Du mit folgenden Fragen konfrontiert:

  • Womit können wir bei weniger als 20 Alternativen den Favoriten für ein spezifisches Merkmal bestimmen?
  • Wie bringen wir vergleichbare Alternativen in eine Reihenfolge, beginnend mit der vielversprechendsten?
  • Was hilft uns bei der Schnellbewertung einer einstelligen Zahl an Optionen hinsichtlich einem Kriterium?

Unterstützung findest Du in der Vergleichstabelle und dem Verfahren Paarweiser Vergleich.


Ergebnis:Rangfolge aus Menge von 5 – 20 Alternativen für ein Kriterium bestimmt

Teilnehmer: mind. 1

Dauer: ab 10 Minuten (je Zahl der Alternativen)

Utensilien: Flipchart/Whiteboard/Metaplan-Wand & Stifte oder Notebook & Office Software


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Zweck

Der Paarweiser Vergleich hilft Dir pragmatisch und schnell eine Rangfolge für maximal 20 unabhängigen und vergleichbare Alternativen auf Basis eines Kriteriums zu ermitteln sowie den Favoriten dieser Menge herauszustellen.

Die Methode zerlegt wenige große schwierige Entscheidungen (Was ist Platz 1?, Platz 2? etc.) in mehrere kleine handhabbare Entscheidungen. Wissenschaftlich exakt ist das nicht. Jedoch ist die geschaffene Transparenz für die Entscheidungsfindung allemal besser als ein Bauchgefühl.

Synonyme für die Methode Paarweiser Vergleich sind Paarvergleich, Binärer Vergleich, Binärvergleich oder Paarweise Vergleich (ohne das ‚r‘) bzw. Englisch Paired Comparison oder Pairwise Comparison.


Aufbau

Vergleichstabelle – „Wie ermitteln wir eine Rangfolge bei vergleichbaren Alternativen?“

Grundgedanken des Paarweisen Vergleich ist es, immer zwei Alternativen auf einmal bzgl. eines einheitlichen Kriteriums zu vergleichen. Dazu legst Du eine Vergleichstabelle (auch Vergleichsmatrix, Präferenzmatrix oder Matrix) an. Komplettiere diese mit Meta-Informationen, also einem Titel, den Autoren sowie das Datum der letzten Aktualisierung.

Paarweiser Vergleich
Struktur und Elemente einer Vergleichstabelle

Alternativen (Zeilen & Spalten) – „Welche Optionen vergleichen wir?“

Die verschiedenen Alternativen (auch Lösungen, Optionen, Möglichkeiten oder Kandidaten) sind in der ersten Spalte sowie ersten Zeile der Tabelle notiert. Mögliche Alternativen sind Anforderungen, Projekte, Technologien, Lösungswege, Standorte etc..

Die Alternativen müssen sich voneinander unterscheiden und bzgl. des Kriteriums vergleichbar sein.

Kriterien (Zellen) – „Welche Alternative ist bzgl. einem Kriterium besser?“

Die zweite Komponente ist das eindeutige Vergleichskriterium zwischen zwei Alternativen. Wie bei der Nutzwertanalyse kannst Du hier sowohl…

  • ein messbares, objektives (Betriebskosten, Projektdauer, Skalierbarkeit etc.) als auch
  • ein nicht/schwer messbares, subjektives, gefühlsbetontes (Design, Image, Beliebtheit etc.)

Kriterium heranziehen. Wichtig ist, dass unter den bewertenden Stakeholdern ein einheitliches Verständnis bzgl. des Kriteriums besteht. Notiere das Vergleichskriterium gut sichtbar über oder unter die Tabelle.

Dinge mit sich selbst zu vergleichen ist wenig erhellend. Auch generiert ein doppelter Vergleich – also A und B bzw. später B mit A erneut zu vergleichen – nur Aufwand und keine zusätzlichen Erkenntnisse. Aus diesem Grund markierst Du alle Zelle der Tabelle oberhalb der gedachten Diagonale als nicht gültig. Nutze dazu ein ’n.a.‘ (Englisch für not applicable) oder ein Sonderzeichen wie ‚-‚ bzw. ‚/‘.


Anwendung

Einen Paarweisen Vergleich führst Du in der Regel im Team mit mehreren sachkundigen Stakeholdern durch. Vereinbart feste Termine in denen ihr die folgenden Schritte durchlauft.

1. Vergleichstabelle entwickeln

Fixiere zunächst die Alternativen, beispielsweise mittels eines Brainstormings oder der 6-3-5 Methode. Achte darauf, dass die Alternativen unabhängig voneinander sind. Da Du jede mit jeder vergleichen wirst, gilt: Weniger ist mehr.

Lege anschließend das eindeutige Vergleichskriterium fest. Dieses…

  • muss sich aus dem Zweck bzw. Ziel des Abgleichs ableiten,
  • für jedes Alternative-Paar herangezogen werden können und
  • eindeutig entscheiden, welche Alternative der Favorit ist.

2. Vergleichstabelle abstimmen

Stimme die Struktur Deiner Vergleichstabelle sowie das Bewertungskriterium mit allen an der Entscheidung beteiligten Stakeholdern ab. Manchmal bedarf dies mehrere Gesprächsrunden.

Nutze Referenzvergleichstabellen des Unternehmens oder Vorlagen aus vergangenen Projekten bei Deinen Abstimmterminen und stelle diese den Stakeholdern als praxiserprobt, zielführend und problemadäquat vor.

3. Alternativen paarweise vergleichen

Steht das abgestimmte Skelett der Vergleichstabelle, ist es an der Zeit die an den Paarweisen Vergleich mit den Stakeholdern durchzuführen. Betrachtet dazu jede mögliche Kombination aus Spalte und Zeile, beispielsweise Alternative A und B. Welche der beiden Option gewinnt mit Blick auf das Kriterium: A oder B? Notiere den Sieger in der Zelle.

Gehe spaltenweise vor und vergleiche Alternative 1 mit allen anderen Alternativen. Anschließend Alternative 2 etc. Prüfe die Konsistenz der Zelleneinträge. Daher: Falls A gegen B gewinnt, und B gegen C, darf nicht A gegen C verlieren.

4. Rangfolge ermitteln

Bestimme die Rangfolge und die beste Alternative. Gehe dazu Alternative für Alternative vor und zähle die Anzahl der Nennungen in allen Zellen. Die meisten Nennungen ergeben den Gewinner.

Wurden zwei Alternativen gleich oft genannt, können die bewertenden Stakeholder im letzten Schritt noch einmal zwischen diesen entscheiden. Alternativ zieht ihr eine Nutzwertanalyse oder eine SWOT Analyse heran.

5. Ergebnisse interpretieren

Das Ergebnis der Methode ist nur so gut wie was Du daraus machst. Stelle Dir zur Interpretation folgende Fragen:

  • Welche Aussagekraft hat die hergestellte Rangfolge?
  • Inwieweit bestätigen sich die Vermutungen der einzelnen Stakeholder?
  • Wie wird mit den bewerteten Alternativen weiter umgegangen?
  • Welche nachfolgenden Methoden werden benutzt, um ggf. noch genauere Analysen durchzuführen?

Führe bei Bedarf vertiefende Analysen auf eine Teilmenge der Alternativen durch.



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Beispiele

Standort für ein neues Logistikzentrum

Ein e-Commerce Unternehmen plant ein neues Logistikzentrum in Deutschland zu errichten. Zur Disposition stehen sechs deutsche Städte. Nachfolgende Übersicht zeigt Dir die Vergleichstabelle mit den Standorten. Der Händler hat als oberstes Ziel, eine bestellte Ware schnell auszuliefern. Gesucht ist daher der optimale Standort bzgl. der Infrastrukturanbindung für den Transport per Luft, Schiene und Straße.

Paarweiser Vergleich
Beispiel Paarweiser Vergleich – Gesucht ist die Rangfolge der Standorte für ein e-Commerce Unternehmen bzgl. des Kriteriums Anbindung an die Infrastruktur

Nun vergleicht der Händler jeden Standort mit jedem paarweise auf das Kriterium Anbindung Infrastruktur‚. Als optimalen Standort hat er im fiktiven Beispiel die Stadt Leipzig identifiziert.

Paarweiser Vergleich im Alltag

Beruflich wie privat musst Du regelmäßig eine Menge von realen und virtuellen Dingen in eine Rangfolge bringen. Ausgewählte Beispiele:

  • Eine Sammlung von 20 Nutzeranforderungen für das neue Dokumentmanagementsystem liegen vor Dir. Der Kunde möchte diese in eine Reihenfolge anordnen, beginnend mit der fachlich wertvollsten Anforderung.
  • Du unterstützt die IT-Abteilung im strategischen Management von Projekten. Das Budget wurde gekürzt und nun sollt ihr die 7 wichtigsten Projekte identifizieren.
  • Eine Brainstorming Einheit hat ein Duzend spannende Einfälle zu Tage gefördert. Innerhalb Minuten wollt ihr diese Ideen jetzt bzgl. der Machbarkeit absteigend sortieren.
  • Nach einem Consulting Karrieremesse habt ihr die Bewerbungsunterlagen von 15 potentiellen Mitarbeitern vorliegen. Die HR-Abteilung bietet Dich, die Bewerber in eine Reihenfolge zu bringen, beginnend mit den aussichtsreichsten Kandidaten.
  • Dein Partner und Du überlegen, wohin ihr nächstes Jahr in den Urlaub reist. Auf eine Longlist von Top-10 Destinationen habt ihr Euch im ersten Schritt einigen können. Nun wollt ihr die drei besten Urlaubsziele auf einer Shortlist festklopfen.

In allen Aufgaben hilft Dir der Paarweise Vergleich.


Vor- & Nachteile

Pro

  • Der Paarweiser Vergleich ist eine leicht verständliche, einfach anzuwendende und visuell ansprechende Methode. Statt wie bei der Nutzwertanalyse Zeit für die Definition von Kriterien, Gewichten bzw. K.O.-Kriterien aufzuwenden, kommst Du sofort zur Sache.
  • Die Vielzahl von systematischen Einzelbewertungen sichert ab, dass sich der subjektive Einfluss auf die finale Rangfolge der Elemente reduziert.
  • Das Werkzeug liefert Dir rasch eine Empfehlung für die Rangfolge. Auf dieser kannst Du aufsetzen und für eine reduzierte Anzahl von Alternativen anschließend mit ausführlicheren Methoden wie den Business CaseNutzwertanalyse oder der SWOT Analyse beackern.

Contra

  • Bei mehr als 20 Alternativen und die damit >200 erforderlichen Einzelbewertungen stößt das Tool an seine Grenzen. Die Einzelbewertungen benötigen sehr viel Zeit, außerdem wird die Vergleichstabelle unübersichtlich.
  • Der Paarweiser Vergleich berücksichtigt nur ein einziges Vergleichskriterium. Regelmäßig lassen sich zwei Alternativen nicht nur anhand eines Parameters gegenüberstellen. Immerhin auf zwei Kriterium kommen die Portfolioanalyse und die Ideenbewertung. Die Nutzwertanalyse vergleicht entlang beliebig vieler Kriterien.
  • Die Einzelbewertungen der Alternativen untereinander bleibt bei einem nicht-messbaren, qualitativen Vergleichskriterium subjektiv.

Praxistipps

Tipp 1 – Zahl der Alternativen reduzieren

Bei 3 Alternativen, musst Du 3 Bewertungen durchführen, bei 4 insgesamt 6, bei 5 dann 10 und bei 6 Optionen immerhin schon 15 Entscheidungen. Es gilt die Formel:

Bewertungenanzahl = (Alternativenanzahl x (Alternativenanzahl -1))/2 .

Mit jeder zusätzlichen Alternative kostet der Paarweiser Vergleich also mehr Zeit. Reduziere daher die Optionen. In der Praxis haben sich 20 Alternativen (und damit 190 Bewertungen) als Obergrenze erwiesen.

Tipp 2 – Eindeutiges Vergleichskriterium festlegen

Ein weiterer Knackpunkt ist das Vergleichskriterium. Achte darauf,  dass ein einheitliches Verständnis unter den Stakeholdern besteht. Daher: „Wann ist Besser wirklich besser?“.

Das Kriterium muss sich zudem für alle paarweisen Vergleiche anwenden lassen und bei jeder Bewertung zu einem eindeutigen Ergebnis führen.

Tipp 3 – Mit Einzelbewertungen Ergebnis verbessern

Festige das Ergebnis, indem Du einzelne Stakeholder unabhängig voneinander die Vergleichstabelle komplettieren lässt. Bilde anschließend den Median. Das generiert zwar mehr Aufwand, dafür beeinflussen sich die Bewerter nicht gegenseitig.

Tipp 4 – Unentschieden zwischen Optionen zulassen

Du darfst ein Unentschieden zwischen zwei Alternativen zulassen. Notiere dazu in den Zellen beide Werte. Gerade bei herausfordernden Stakeholdern ist diese weniger strenge Bewertungsform geeignet.

Tooltipp

Hinsichtlich Tool-Unterstützung ist Microsoft PowerPoint oder eine andere Foliensoftware völlig ausreichend. Anders als bei der Nutzwertanalyse bzw. der Portfolioanalyse musst Du nichts berechnen bzw. visualisieren lassen.


Ursprung

Laut Wikipedia geht der Paarweise Vergleich auf Dorian Shainin zurück. Der US-Amerikaner ersann den Paarweisen Vergleich als Teil der Shainin-Methodik zur Problemlösung und Qualitätsverbesserung.


Bonusmaterial

Thomas Grosser: Präferenzmatrix (3 min) – Paarweiser Vergleich für das Priorisieren von Zielen


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