Nutzwertanalyse

Die Nutzwertanalyse – die beste Alternative identifizieren

Als Projektleiter, Manager oder Investitionsverantwortlicher bzw. deren Berater bist Du mit folgenden Fragen konfrontiert:

  • Welche Investitionsalternative besitzt den höchsten Nutzen/Kosten-Vorteil?
  • Welche Lösung sollen wir anhand messbarer und subjektiver Vergleichskriterien favorisieren?
  • Welche Entscheidungsoption schneidet in der Gegenüberstellung objektiv am besten ab?

Unterstützung findest Du in der Nutzwerttabelle und dem Verfahren der Nutzwertanalyse.


Ergebnis: Alternativen anhand definierter Kriterien gegenübergestellt und bewertet

Teilnehmer: mind. 1 Person

Dauer: ab 30 Minuten (abhängig von Zahl und Art der Kriterien sowie Alternativen)

Utensilien: Notebook, Internet & Office Software


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Zweck

Mit der Nutzwertanalyse stellst Du mehrere vergleichbare Alternativen gegenüber, beurteilst diese differenziert anhand definierter Kriterien und arbeitest eine Rangfolge heraus. Die beste Option wählst Du anschließend aus und verfolgst diese weiter.

Die Technik ist ein faktenbasiertes Vorgehen der Entscheidungsvorbereitung. Sie identifiziert die ‚objektiv‘ optimale Alternative auf Basis eines strukturierten und nachvollziehbaren Ablaufs.

Synonyme für die Nutzwertanalyse ist ihr Akronym NWA, Scoring Methode bzw. Verfahren, Multifaktorenanalyse, Multifaktorenmethode, Punktwertmethode, Punktwertverfahren, Entscheidungsanalyse oder Evaluierungstechnik.


Aufbau

Nutzwerttabelle – „Was ist die analytisch beste Alternative?“

Im Herzen der Nutzwertanalyse steht die Nutzwerttabelle (auch Bewertungsmatrix, Evaluierungstabelle, Selection Matrix oder Assessment-Matrix Kosten-Nutzen-Übersicht). Wie eine gewöhnliche Tabelle besteht auch diese aus Zeilen und Spalten.

Nutzwertanalyse
Struktur und Elemente der Nutzwerttabelle

Bei einer Nutzwertanalyse steckt die Arbeit in der Struktur der Nutzwerttabelle. Diese trägt die Entscheidung und sollte sorgfältig entwickelt werden.

Versieh Deine Nutzwerttabelle mit Meta-Infos wie einen aussagekräftigen Titel, den verantwortlichen Autoren sowie das Datum der letzten Aktualisierung.

Alternativen (Spalten) – „Welche Alternativen bewerten wir?“

Die verschiedenen Alternativen (auch Lösungen, Optionen, Möglichkeiten oder Varianten) sind als Spalte notiert. Diese findest Du innerhalb (z.B. frühere Entscheidungen, Bestand) oder außerhalb (z.B. Markt) des Unternehmens.

Typische Alternativen im Geschäftskontext sind…

  • Strategie (z.B. Ziele, Szenarien),
  • Organisation (z.B. Standorte, Dienstleister),
  • Vorgehen (z.B. Prozesse, Lösungswege) oder
  • Technologie (z.B. IT-Systeme, Hardware).

Achte darauf, dass die Alternativen sich eindeutig voneinander unterscheiden und neben dem Ist-Stand mindestens zwei weitere Optionen betrachtet werden. Es ist verschenkte Zeit fast identische Varianten mit nur einem Merkmalsunterschied gegenüberzustellen.

In der Praxis sind 3, 5 und 7 eine gute Anzahl von Optionen. Zwei Alternativen sind zu wenig, da meist der Status Quo ebenfalls eine Möglichkeit darstellt. Mehr als sieben Alternativen sind zu viel. Eine Detailbewertung mit der Nutzwertanalyse wird dann meist sehr aufwendig.

Überlege ebenfalls eine Benchmark-Alternative einzuführen. Diese Referenzoption kann die Ideallösung, ein Industriestandard oder eine der vorhandenen Alternativen sein.

Vergleichskriterien (Zeilen) – „Welche Merkmale der Alternativen bewerten wir?“

Alle Vergleichskriterien (auch Bewertungsparameter, Bewertungskriterien, Entscheidungskriterien, Erfolgsfaktoren, Kriterien oder Faktoren) sind als Zeilen notiert und mit einer eindeutigen Nummer versehen. Es können sowohl…

  • messbare, objektive (z.B. Betriebskosten, Projektdauer, Skalierbarkeit) als auch
  • nicht messbare, subjektive, gefühlsbetonte (z.B. Design, Image, kulturelle Passung)

Kriterien verwendet werden. Zudem können die Kriterien…

  • die Effektivität (Wirksamkeit wie Ergebnisse, Ziele, Bedarfe) als auch
  • die Effizienz (Wirtschaftlichkeit wie Ressourcen, Geld, Zeit)

betreffen. Gleichsam geläufig ist die Einteilung der Kriterien in Attraktivität (für den Kunden), Machbarkeit (durch die Mitarbeiter) und Wirtschaftlichkeit (für das Unternehmen) sowie streng aufwertend (mehr ist besser) oder streng abwertend (weniger ist besser).

Beachte, dass alle Kriterien einheitlich detailliert und positiv formuliert sind, von den Entscheidungsträgern inhaltlich verstanden werden, auf genau einen Aspekt der Alternativen abzielen, inhaltlich unabhängig voneinander sind und die wesentlichen Aspekte der Alternativen abdecken.

Zur besseren Übersicht kannst Du inhaltlich verwandte Bewertungskriterien mit Hilfe von Clustern gruppieren. Beispielsweise können Projekt-, Betriebs-, Lizenzkosten innerhalb des Clusters Wirtschaftlichkeit zusammengefasst werden. Cluster können wiederum in Untercluster aufgeteilt werden. So zerfallen zum Beispiel die Betriebskosten in Wartungs-, IT Service- und Infrastrukturkosten. Die gesamte Struktur gleicht damit einem Kriterienbaum.

Als oft sehr sinnvolle Ergänzung legst Du für ein Vergleichskriterium fest, ob es sich um ein unabdingbares K.O.-Kriterium (auch Muss-Kriterium, Ausschlusskriterium oder Showstopper) handelt. Erfüllt eine Alternative ein unverhandelbares K.O.-Kriterium nicht mindestens mit ‚ausreichend‘, wird sie in der Nutzwertanalyse fortan ignoriert. Eine besondere Variante des K.O.-Kriterium ist das Schwellenwertkriterium. Dieses Kriterium führt zum Ausschluss einer Variante, falls diese für den Faktor oberhalb bzw. unterhalb eines definierten Wertes rangiert.

Sowohl Vergleichskriterien als auch (Unter-)Cluster kannst Du zusätzlich mit einem Gewichtsfaktor versehen. Dieser stuft das Kriterium bzw. den Cluster gegenüber anderen Kriterien bzw. Clustern als wichtiger bzw. weniger relevant ein. Gewichtsfaktoren klingen attraktiv, machen eine Evaluierung jedoch auch aufwendiger. Nicht nur das Kriterium, dessen Bewertung sowie die Klassifikation in K.O. bzw. nicht K.O., sondern auch die Gewichtungslogik und die einzelnen Gewichtsfaktoren müssen abgestimmt, von den Entscheidern getragen und später in die Analyse einbezogen werden.

Bewertung (Zellen) – „Wie schneidet eine Alternative für ein Merkmal ab?“

An den Kreuzungspunkten von Spalten und Zeilen notierst Du schließlich die entsprechende Bewertung (auch Erfüllung) für eine Alternative bzgl. eines Kriteriums. Verwende die Skala 0 bis 5. Wie bei den meisten Online-Plattformen, Shops und Vergleichsportalen stehen…

  • 5 für ‚voll erfüllt‘,
  • 4 für ‚gut erfüllt‘,
  • 3 für ‚ausreichend erfüllt‘,
  • 2 für ‚ungenügend erfüllt‘,
  • 1 für ’nicht erfüllt‘ und
  • ‚0‘ für ’nicht bewertet‘.

Alternativ nutzt als Bewertungsmaßstab das geläufige Schulnotensystem oder Du unterscheidest zwischen…

  • ‚+‘ besser als der Benchmark,
  • ‚0‘ vergleichbar zum Benchmark oder
  • ‚-‚ schlechter als der Benchmark.

Falls Du Gewichtungen nutzt, trägst Du die mit dem Gewichtungsfaktor multiplizierten Bewertung in die Zelle.

Für jede Bewertungszelle sollte zudem ein Feld für die Begründung existieren. Hier dokumentierst Du Fakten für die Bewertung (Randbedingungen, Annahmen, Abgrenzungen etc.), so dass die Entscheidung später formal nachvollzogen werden kann.


Anwendung

Eine Nutzwertanalyse kannst Du allein oder im Team bestreiten. Empfehlenswert ist eine gemeinsame Bearbeitung, so kann das Wissen von verschiedenen Akteuren in die Bewertung einfließen.

1. Nutzwerttabelle entwickeln

Beginne mit den Alternativen. Sind alle Alternativen fixiert, sind brauchbare Vergleichskriterien zu finden. Typischerweise beginnst Du mit Clustern wie Strategisch/Operativ, Kosten/Nutzen, Stärken/Schwächen, Risiken/Chancen und Prozesse/IT und leitest aus diesen passende Kriterien ab. Eine gute Orientierung sind ebenfalls die Ziele. Was soll die Alternative für wen leisten?

Falls für die Evaluierung erforderlich, bestimmst Du die Gewichtsfaktor und markierst zentrale Kriterien als K.O.-Kriterium.

2. Nutzwerttabelle abstimmen

Stimme die Struktur Deiner Nutzwerttabelle mit allen an der Entscheidung beteiligten Stakeholdern ab. Manchmal bedarf dies mehrere Gesprächsrunden.

Nutze etablierte Referenztabellen und Vorlagen vergangener Projekte und stelle diese als praxiserprobt, zielführend und problemadäquat vor.

3. Evaluierungstreffen einberufen

Steht das abgestimmte Skelett der Nutzwerttabelle, sind nun die an der Nutzwertanalyse beteiligten Stakeholder zusammenzutrommeln.

Der fachliche Rat eines Stakeholders macht nur Sinn, falls dieser sich zu den Alternativen und Kriterien äußern kann. Das kann bedeuten, dass Du mehrere Meetings einberufen musst, in denen Du jeweils eine Auswahl an Stakeholdern zu bestimmten Kriterien und Clustern befragst. Techniker können zu fachlichen Belangen meist wenig beitragen. Andersherum wissen Fachkollegen häufig nicht viel über die zugrundeliegende Technologie.

4. Nutzwerttabelle ausfüllen

Sitzen die richtigen Stakeholder im Meeting zusammen, evaluiert ihr gemeinsam die verschiedenen Alternativen entlang der aufgestellten Kriterien. Gehe Kriterium für Kriterium (zeilenweise), statt Alternative für Alternative (spaltenweise) durch. Somit betrachtest Du und Deine Kollegen eine Bewertung immer im Kontext der anderen Optionen.

Haltet zudem in Stichworten eine Begründung fest, warum ihr Euch bei einem Kriterium für einen bestimmten Wert entschieden habt.

5. Beste Alternative ermitteln

Addiere je Alternative nun die mit dem jeweiligen Gewichten multiplizierten Vergleichskriterienwerte und teile die resultierende Summe durch die Anzahl von Kriterien. Die Alternative mit dem höchsten Nutzwert ist formal die Beste.

Reflektiere die Bewertung und diskutiere sie im Team. Steht der Sieger fest, vereinbart ihr Folgeschritte.

  • Worin besteht der nächste Schritt?
  • Wer übernimmt welche Aufgabe?
  • Welches Projekt wird nun erforderlich?


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Vor- & Nachteile

Pro

  • Die Nutzwertanalyse ist ein gängiges und sehr verbreitetes Werkzeug zum analytischen Finden einer optimalen Alternativen. Viele Akteure kennen das Verfahren und die zu erwartenden Ergebnisse
  • Die Nutzwertanalyse ist mit Prozess und Ergebnis systematisch, objektiv und nachvollziehbar. Steht die Evaluierungsstruktur der Nutzwerttabelle, lassen sich auch initial schwer vergleichbare Optionen (wie Äpfel und Birnen) auf Basis quantitativer und qualitativer Parameter gegenüberstellen.
  • Die Methode schafft Transparenz. Auch Personen, die nicht am Entscheidungsprozess beteiligt waren, können die Wahl einer Alternative anhand der dokumentierten Nutzwerttabelle nachvollziehen.
  • IT-Systementscheidung, Selektion des Nachfolgedienstleisters, Auswahl des neuen Bürostandortes – die Methode ist flexibel für die verschiedensten Anwendungsfälle einsetzbar.

Contra

  • Beachte den hohen Zeitbedarf den eine Nutzwertanalyse mit vielen Kriterien und Alternativen sowie verteilten Bewertungswissen nach sich zieht.
  • Ein Nachteil einer Nutzwertanalyse ist ihre Suggestion, die wirklich beste Alternative zu bestimmen. Aus drei Gründen ist dies eine Utopie. Erstens ist die Bewertung zeitpunktbezogen, damit von Ungewissheit und Unsicherheit bzgl. der Zukunft geprägt. Zweitens ist nicht garantiert, auch wirklich alle relevanten Kriterien herangezogen zu haben. Drittens ist die Wahl der Gewichtung oft von den Personen abhängig und damit subjektiv.
  • Die streng analytische Methode berücksichtigt keine Intuition. Formal mag eine Alternative die Überlegene sein, nach dem Bauchgefühl der Stakeholder gewinnt jedoch der zweitplatzierte Kandidat.
  • Gelegentlich anzutreffen ist die nachträgliche ‚Optimierung‘ von Gewichtsfaktoren, um zur ‚passendsten‘ Lösung zu gelangen. Ob das noch objektiv ist, muss jeder selbst entscheiden.

Beispiele

Nutzwertanalyse im Geschäftsleben

Jeden Tag stehen Unternehmen vor strategischen und operativen Entscheidungen.

  • Für den Betrieb muss ein anderer Dienstleister ausgesucht werden.
  • Es gilt, ein IT-System durch eine zukunftssichere moderne Lösung zu ersetzen.
  • Eine neue Niederlassung soll an einem noch zu bestimmenden Standort eröffnet werden.

Nur sehr selten fällen Manager, Projektleiter und Investoren solche betriebswirtschaftlich wichtigen Entscheidungen aus dem Bauch heraus. Stattdessen beruht ihre Wahl der besten Alternative auf einem strukturierten Entscheidungsprozess auf Basis der Nutzwertanalyse.

In meinen Projekten als Business/IT-Berater setze ich Nutzwerttabellen oft bei der Beurteilung von IT-Systemlösungen ein. Der Kunde möchte das in die Jahre gekommene IT-System ersetzen oder einen bisher manuell ausgeführten Geschäftsprozess automatisieren und sucht nun nach einer Business Software. Diese soll alle fachlichen, technischen und kaufmännischen Kriterien optimal erfüllen.

Nutzwertanalyse im Privatleben

Aus Deinem privaten Umfeld kennst Du die Nutzwertanalyse aus Angebots-Vergleichen. So prüft in Deutschland die Stiftung Warentest medienwirksam auf Basis von Nutzwerttabellen verbreitete Produkt- und Servicekategorien.

Auto-Magazine lassen neue Fahrzeugmodelle per Nutzwertanalyse gegeneinander antreten und Finanzpublikationen zeigen die Vor- und Nachteile von Anlageprodukten auf.


Praxistipps

Tipp 1 – Zahl der Kriterien minimieren

Je mehr Kriterien für die Bewertung der Alternative herangezogen werden, desto fundierter ist ihr Vergleich. Das Problem dabei: Jedes zusätzliche Vergleichskriterium generiert zusätzliche Bewertungsarbeit.

Bewertest Du zum Beispiel 5 Alternativen nach 30 Kriterien, dann gilt es 150 Beurteilungen abzugeben. Bei 40 Kriterien – also 10 mehr pro Option – sind 200 Entscheidungen notwendig.

Prüfe sorgfältig, ob ein Kriterium für die Wahl der besten Alternative überhaupt herangezogen werden muss bzw. bereits implizit in einem anderen Kriterium steckt. 10 – 30 Kriterien sind ein guter Richtwert.

Tipp 2 – Zahl der Alternativen minimieren

Ein Weg den Vergleichsprozess zu beschleunigen ist die Reduktion der Alternativen. Dazu eliminierst Du eine Option, falls diese einem dominierenden Mitbewerber in allen Vergleichskriterien unterlegen ist. Praktikabel sind 2-6 Alternativen.

Eine zweite Möglichkeit zum schnelleren Vergleich ist das Entfernen von Vergleichskriterien. Zeichnet sich ab, dass entweder ein Kriterium bei allen Alternativen ähnlich ausfällt bzw. für die Entscheidung nur eine untergeordnete Rolle spielt, entfernst Du diesen Parameter.

Ein dritter Weg ist stufenweises Vorgehen. Dazu beginnst Du mit sehr wenigen Alternativen und Vergleichskriterien. Sollte sich herausstellen, dass für die Entscheidung weitere Optionen hinzugezogen werden müssen oder aufgrund verschiedener Bewertungen ein höherer Tiefgang erforderlich ist, erweiterst Du die Nutzwerttabelle.

Tipp 3 – Objektiv beste Alternative mittig platzieren

Menschen neigen dazu, sich für den Mittelweg zu entscheiden. Bietet beispielsweise Alternative A wenig Nutzen zu einem geringen Preis, Alternative B mittleren Nutzen zu einem mittleren Preis und Alternative C einen hohen Nutzen zu einem hohen Preis, dann optiert die Mehrzahl für Alternative B. Setze gezielt auf diesen Tendenz zur Mitte-Effekt.

Sollte Dir einmal eine Nutzwerttabelle vorgelegt werden, hinterfragst Du am besten zunächst deren Struktur, bevor Du Dich auf die Inhalte konzentrierst.

Tipp 4 – Eine überlegene Option schaffen

Ein anderer Trick ist es, die von Dir bevorzugte Alternative mit einer Köder-Alternative zu begünstigen. Das Marketing spricht hierbei von einem Decoy-Effekt. Dazu wird eine Alternative ‚kreiert‘, die der bevorzugten Alternative in vielen Kriterien (insbesondere den hoch gewichteten) unterlegen ist. Steht nun die Auswahl an, neigen Stakeholder mit Blick auf den Köder, die überlegene Option zu wählen.

Neben diesem Kunstgriff solltest Du immer überlegen, ob die bewerteten Alternativen zu seiner Super-Alternative kombiniert werden können. Manche Situationen lassen ein sogenanntes ‚Cherry-Picking‘ zu.

Tipp 5 – Positive Kriterien nach vorne stellen

Zudem kannst Du mit dem Heiligenschein-Effekt ein weiteres Phänomen der kognitiven Verzerrung nutzen. Dazu stellst Du alle Kriterien in der Deine präferierte Alternative gut abschneidet an den Anfang der Tabelle. Zudem bittest Du die Alternativen nacheinander zu beurteilen, statt zeilenweise vorzugehen. Legt nun Deine Alternative einen fulminanten Evaluierungsstart hin, überstrahlt dieser ihre mittelmäßigen Kriterien.

Tipp 6 – In mehreren Stufen evaluieren

Eine weitere Maßnahme die Nutzwertanalyse zu beschleunigen ist eine gestufte Vorgehensweise. Dazu evaluierst Du eine große Menge an Alternativen – die sogenannte Longlist – mit maximal 20 Kriterien.

Die daraus resultierende Menge von maximal 3 verbleibenden Alternativen – die sogenannte Shortlist – bewertest Du detaillierter, beispielsweise mit 40 Kriterien. Statt alle Optionen umfassend zu betrachten, siebst Du zunächst grob aus, und gehst dann in die Einzelheiten.

Tipp 7 – Mit Polaritäten-Analyse Ansatz vereinfachen

Wandle die Nutzwertanalyse zur sogenannten qualitativen Polaritäten-Analyse ab, um schnell eine Gegenüberstellung zwischen wenigen Alternativen und einer mittleren Anzahl von Vergleichskriterien ohne Gewichtungen durchzuführen.

Ordne dazu für jedes Kriterium der Optionen die Ausprägungen -1, 0 und 1, also schlecht, neutral, gut zu. Bewerte unmittelbar und ohne viel Nachzudenken. Es geht darum einen raschen Überblick zwischen den Optionen zu bekommen.

Tipp 8 – Eigenkreationen konservativ bewerten

Menschen neigen dazu Eigenentwicklungen gegenüber Kauflösungen besser zu bewerten. Selbst hergestellte Kreationen gelten als Zeichen der Kompetenz. In das Produkt bzw. die Dienstleistung wurde Zeit, Geld und Aufmerksamkeit investiert.

Das Phänomen bezeichnen Verhaltensökonomen als IKEA Effekt. Sobald Du ein Möbel des schwedischen Einrichtungshauses zusammengebaut hast, wird es für Dich wertvoller als ein Produkt von der Stange.

Berücksichtige diesen Umstand bei der Bewertung von Eigenentwicklungen.

Tipp 9 – Personen mit Erfahrung einbeziehen

Nur selten bist Du der Erste, der sich dem Alternativenvergleich detailliert auseinandergesetzt hat. Befrage Personen außerhalb des Bewertungsteams, die vor einer ähnlichen Fragestellung standen.

  • Was für Kriterien wurden betrachtet?
  • Welche Alternativen haben sie berücksichtigt?
  • Auf welche Weise wurden die verschiedenen Alternativen bewertet?

Profitiere von den Erfahrungen sowie dem Wissen über die Konsequenzen.

Tipp 10 – Das Bewertungsteam bewusst zusammenstellen

Achte auf die Zusammensetzung der an der Bewertung beteiligten Arbeitsgruppe. Bei offener Bewertung ist jedem Teilnehmer klar, wer welche Position bezieht.

Gegenseitige Abhängigkeiten (z.B. Mitarbeiter <> Vorgesetzter) und auseinanderlaufenden Interessen (z.B. Ziele Fachabteilung X <> Ziele Fachabteilung Y) gefährden den Abstimmungsprozess. Die Beteiligten bewerten sozial erwünscht oder intrigant, das Risiko einer Fehlentscheidung wächst.

Lesetipp

Wenn Dich die vorgestellten Wahrnehmungsverzehrungs-Effekte angesprochen haben, so kann ich Dir das Buch Schnelles Denken, langsames Denken* vom Nobelpreisträger Daniel Kahneman ans Herz legen. Das über 600 Seiten Werk gibt es auch als 20-stündiges Hörbuch.


Ursprung

Der Ursprung der Methode ist mir nicht bekannt. Gerne Deine Hinweise per E-Mail an mich.


Bonusmaterial

ComhardBERLIN: Erklärvideo Nutzwertanalyse (3 min) – die wichtigsten Infos zur Nutzwertanalyse

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