Die Kraftfeldanalyse – Einflussfaktoren finden und nutzen
Als Änderungsverantwortlicher, Projektleiter oder Manager bzw. deren Berater bist Du mit folgenden Fragen konfrontiert:
- Wie können wir fördernde oder hemmende Einflussfaktoren für ein Veränderungsvorhaben transparent machen?
- Wer sind die unterstützenden bzw. blockierenden Stakeholder des Projektes?
- Worin bestehen die begünstigten und nachteiligen Wirkkräfte einer Situation und wie können wir diese stärken bzw. schwächen?
Unterstützung findest Du in der Kraftfeldanalyse und damit verbundenen Kraftfelddiagramm.
Ergebnis: fördernde und hemmende Kräfte eines Sachverhalts identifiziert und Maßnahmen zur Stärkung bzw. Abschwächung beschlossen
Teilnehmer: mind. 1 Person
Dauer: mind. 20 Minuten (je Sachverhalt und Zahl der Teilnehmer)
Utensilien: Whiteboard/Flipchart/Metaplan-Wand, Karten & Stifte oder Notebook & Office Software
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Zweck
Mit einer Kraftfeldanalyse identifiziert, visualisiert und analysierst Du treibenden und rückhaltenden Faktoren für einen vergangenen, aktuellen oder zukünftigen Sachverhalt. Das kann beispielsweise ein Projekt, ein IT-System oder ein ganzes Unternehmen sein.
Anschließend entwickelst Du auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse verschiedene Maßnahmen die positiven Kräfte zu stärken bzw. die rückhaltenden Kräfte abzuschwächen.
Nutze die Kraftfeldanalyse als Arbeitsrahmen für das Stakeholdermanagement und bei Veränderungsprojekten. Die Technik fördert unbewusste bzw. unterbewusste Einflussfaktoren einer Sache zu Tage.
Synonyme für die Kraftfeldanalyse sind Kräftefeldanalyse sowie die englischsprachige Bezeichnung Force Field Analysis.
Aufbau
Kraftfeld – „Welche Kräfte wirken auf eine Sache?“
Hauptergebnis Deiner Kraftfeldanalyse ist Kraftfelddiagramm (auch Kräftefelddiagramm), eine Liste von helfenden und hindernden Kräfte (auch Wirkkräfte, Einflussfaktoren, Einflussgrößen, Wirkfaktoren) für einen Sachverhalt.
Achte darauf, dass die Darstellung auf eine DINA4-Seite, eine Präsentationsfolie oder ein Flipchart-Blatt passt und damit handhabbar bleibt. Versehe das Resultat mit Meta-Infos wie einem aussagekräftigen Titel, den verantwortlichen Autoren sowie dem Datum der letzten Aktualisierung.
Sachverhalt – „Was wird betrachtet?“
Im Zentrum der Kraftfeldanalyse steht eine Veränderungssituation, ein Ziel oder ein Problem visuell eingerahmt in einem senkrechten Rechteck.
- Welche Änderung vollzieht sich?
- Welches Ziel soll erreicht werden?
- Worin besteht das wirkliche Problem?
Formuliere kurz und konkret und achte auf einheitliches Verständnis.
Fördernde Kräfte – „Was unterstützt die Sache?“
Links vom Sachverhalt notierst Du auf einzelnen Kraftpfeilen alle Faktoren, die sich positiv bzw. fördernd auf den Sachverhalt auswirken.
- Welche begünstigenden Eigenschaften besitzt die Veränderungssituation?
- Welche günstigen Faktoren treiben zum Ziel hin?
- Welche positiven Einflussgrößen lindern das Problem?
Achte auf eine einheitliche Formulierung und auf inhaltliche Überschneidungsfreiheit der Kräfte.
Hemmende Kräfte – „Was bremst die Sache aus?“
Rechts vom Sachverhalt dokumentierst Du auf separaten Kraftpfeilen die Faktoren, die sich negativ bzw. dämpfend auf den Sachverhalt auswirken.
- Welche hindernden Eigenschaften besitzt die Änderungssituation?
- Welche hinderlichen Faktoren lenken von der Zielerreichung ab?
- Welche negativen Einflussgrößen verschärfen das Problem?
Sorge auch hier für eine identische Formulierung und eliminiere alle inhaltlichen Überschneidungen.
Anwendung
Die Kraftfeldanalyse kannst Du allein oder gemeinsam in der Arbeitsgruppe im Rahmen eines Workshops durchführen. Das folgende Vorgehen hat sich bewährt:
1. Sacherhalt definieren
Lege in einem ersten Schritt den Sachverhalt fest. Falls Du die Kraftfeldanalyse im Team erstellst, achtest Du darauf, dass die richtigen Personen am Arbeitstreffen teilnehmen und ein gleiches Verständnis zum Ziel und Zweck der Kraftfeldanalyse haben.
2. Kräfte identifizieren
Spüre für den Sachverhalt so viele situationsbezogene Einflüsse wie möglich auf. Quantität geht vor Qualität. Nutze dazu Kreativitätstechniken wie das Brainstorming oder die 6-3-5 Methode.
Prüfe das resultierende Kraftfelddiagramm:
- Sind die Kräfte überlappungsfrei?
- Wurden alle inhaltlichen Widersprüche aufgelöst?
- Ist der Sachverhalt positiv wie auch negativ vollumfänglich abgedeckt?
Justiere bei Bedarf nach.
3. Kräfte bewerten
Analysiere, bewerte und wichtigsten Kräfte, entweder analytisch auf Basis fester Kriterien (z.B. Stärke, Wahrscheinlichkeit) oder intuitiv durch Kleben von Punkte. Summiere die Wichtungen und leite Schlussfolgerungen ab.
- Wie sieht das Gesamtbild für den Sachverhalt aus?
- Gibt es mehr fördernde oder bremsende Kräfte?
- Welche Kräfte sind die Wichtigsten?
4. Maßnahmen ableiten
Leite auf Basis der Kräftebewertung einen Aktionsplan ab. Dieser kann Änderungen der Arbeitsweise, Aufgaben oder Projekten enthalten. Beachte, dass Du nicht auf jede Kraft einwirken kannst bzw. Dein Einfluss oft nur sehr begrenzt ist.
Verteile die Maßnahmen, beispielsweise auf Basis eines Kanban Boards oder einer Aufgabenliste und halte diese nach.
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Beispiele
Kraftfeldanalyse für den Jobwechsel
Für manche unvorstellbar, für andere eine valide Option – der Wechsel aus der Beratungsbranche in ein etabliertes Industrieunternehmen. Nachfolgendes Kraftfelddiagramm zeigt Dir beispielhaft die positiven und negativen Wirkfaktoren auf diese Karriereentscheidung. In Klammern die Gewichte zwischen 5 (maximal) und 1 (minimal).
Im Folgeschritt überlegt sich der wechselbereite Berater, auf welche positiven und negativen Kräfte er wie Einfluss nehmen kann. Resultierende ToDos überführt er in eine Aufgabenliste oder ein Kanban Board und trägt diese anschließend ab.
Vor- & Nachteile
Pro
- Die Kraftfeldanalyse ist ein einfaches, flexibles und schnelles Verfahren zur ersten Analyse eines Sachverhalts inklusive der einwirkenden Kräfte.
- Die Methode ist in wenigen Minuten erklärt und sowohl einzeln als auch im Team direkt anwendbar.
- Das visualisierte Kraftfelddiagramm mit wesentlichen Einflussgrößen vereinfacht die Diskussion und Analyse und bleibt zudem besser in den Köpfen hängen.
- Das resultierende Kraftfeld zeigt sowohl positive als auch negative Kräfte auf. Damit werden neben Dingen, die nicht funktionieren, auch Dinge sichtbar gemacht, die heute bereits gut ablaufen.
Contra
- Das Modell repräsentiert immer nur eine Momentaufnahme. Für Sachverhalte mit hoher Änderungsdynamik und starken wechselseitigen und sich ständig ändernden Abhängigkeiten ist es nicht geeignet.
- Die Kräfte sind ein Ergebnis einer subjektiven Beurteilung. Warum, wann bzw. zu welchem Grad diese tatsächlich wirken lässt die qualitative Kraftfeldanalyse offen. Eine Garantie auf Vollständigkeit fehlt ebenfalls.
- Die Kraftfeldanalyse fordert die Bereitschaft, auch negative Einflussfaktoren auf einen Sachverhalt explizit zu machen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. In einem sozial spannungsgeladenen ist das schwierig bis unmöglich.
- Bei vielschichtigen Sachverhalten stößt die visuelle Methode an Grenzen. Entweder es findet eine Zerlegung in Teilthemen statt oder die Kräftebeschreibung ist abstrakt.
Praxistipps
Tipp 1 – Kraftfeldanalyse vielfältig einsetzen
Das Einsatzspektrum der Kraftfeldanalyse ist umfangreich. Verwende die Methode beispielsweise für…
- Entscheidungsfindung – Vorteile und Nachteile einer Option
- Stakeholderanalyse – Unterstützer und Blockierer eines Vorhabens
- Risikoanalyse – Potentielle vorteilhafte und nachteilige Ereignisse
- Prozessmanagement – Positive und negative Umgebungsfaktoren eines Ablaufs
- Change Management – Begünstigende und hemmende Faktoren einer Veränderung
Tipp 2 – Erweitertes Kraftfelddiagramm für Stakeholder bestimmen
Setze die Kraftfeldanalyse für das Management von Stakeholdern ein. Überlege Dir dazu:
- Welche Interessensvertreter unterstützen bzw. blockieren das Projekt?
- Wie hoch ist der Einfluss der Interessensvertreter?
Gerne kannst Du Einteilung mittels einer 4-Felder Portfoliomatrix visualisieren. Blockierer mit hoher Macht solltest Du zu Unterstützern machen bzw. zumindest die Macht abschwächen.
Tipp 3 – Kräfte mittels Detailfragen aufspüren
Stelle Fragen nach den konkreten Einzelheiten des Sachverhalts und finde damit weitere fördernde oder hemmende Kräfte. Einige Anregungen:
- Welchen Nutzen und Chancen hat die Lösung des Problems bzw. die Erreichung des Ziels?
- Welche Kosten und Risiken spielen bei Problemlösung bzw. Zielerreichung eine Rolle?
- Was sind die Vorteile und Nachteile der anstehenden Veränderung?
- Welche Organisationseinheiten, Geschäftsprozesse, IT-Systeme etc. sind beteiligt?
- Welche Stakeholder unterstützen das Thema bzw. sind dagegen?
Tipp 4 – Maßnahmen auf Top-3 Kräfte begrenzen
Statt per Gießkannenprinzip alle positiven und negativen Kräfte mit gleicher Energie (minimal) zu verstärken bzw. zu schwächen, konzentrierst Du Dich jeweils auf die Top-3 Kandidaten. Die ausgewählten Einflussfaktoren sollten eine hohe Wirkung auf den Sachverhalt haben und sich mit wenig Aufwand anpassen lassen.
Tipp 5 – Kraftfelddiagramm visuell erweitern
Ergänze in Deinem Kraftfelddiagramm weitere Aspekte und steigere damit seine Ausdrucksmächtigkeit. Einige Anregungen:
- Pfeilgröße – dicke Pfeile sind relevant, dünne wenig wichtig für den Sachverhalt
- Pfeilfarbe – grüne Pfeile werden sofort, gelbe später und rote nie adressiert
- Pfeillänge – lange Pfeile wirken ständig, kurze in unregelmäßigen Abständen auf den Sachverhalt
- Pfeilfüllung – ausgefüllte Pfeile sind durch Fakten bestätigt, schraffierte als offene Annahme zu sehen
Ergänze eine Legende unter Deine Darstellung, falls die visuellen Ergänzungen missverstanden werden könnten.
Tipp 6 – Als Grundlage für Folgefragen nutzen
Nutze die Erkenntnisse der Kraftfeldanalyse für genauere Folgeuntersuchungen. Einige Anregungen:
- Optimiere die Gewichte bzw. Rangfolge der Kräfte mittels des Paarweisen Vergleichs.
- Detailliere die Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken eines Sachverhalts durch eine SWOT Analyse.
- Verbessere die Datenbasis für eine Ja-Nein-Entscheidung mit Hilfe der Benjamin Franklin Methode.
Ursprung
Die Kraftfeldanalyse geht auf Kurt Lewin zurück. Der deutsche Sozialpsychologe veröffentlichte die Methode 1943 im Magazin Psychological Review unter dem Titel Defining the ‚Field at a Given Time.‘. Im Fokus der Arbeit stand die Analyse der dynamischen Veränderungskräfte, die in jedem sozialen System auf dessen einzelne Mitglieder einwirken.
Heute kommt die Kraftfeldanalyse neben der Psychologie und Psychotherapie speziell im Change Management von Geschäftsprozessen und Organisationseinheiten zum Einsatz. Inzwischen existieren verschiedene Ausprägungen der Methode. Beispielsweise unterscheiden einige Ansätze zusätzlich zwischen Best und Worst-Case. Andere ergänzen Aspekte wie Ressourcen oder Rollen.
Bonusmaterial
Howard Baily: Force Field Analysis (2,5 min) – die Kraftfeld Analyse angewendet auf das Beispiel ‚Fabrikausbau‘
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