Kano Modell

Das Kano Modell – die Wow-Merkmale eines Angebots finden

Als Produktmanager, Service-Verantwortlicher oder Innovationsleiter bzw. deren Berater bist Du mit folgenden Fragen konfrontiert:

  • Welche Eigenschaften und Fähigkeiten muss, sollte bzw. kann unser Produkt aus Kundensicht enthalten?
  • Womit können wir die Parameter und Gütekriterien unserer Dienstleistung kategorisieren?
  • Auf welche Weise halten wir die Perspektive der Kunden im Entwicklungsprozess stets im Auge?

Unterstützung findest Du im Kano Modell und der Einteilung von Angebotsmerkmalen entlang Kundenzufriedenheit und Erfüllungsgrad.


Ergebnis: Angebotsmerkmale aus Kundensicht in Basis-, Leistungs- und Begeisterungsfaktoren eingeteilt

Teilnehmer: mind. 1 Person

Dauer: ab 15 Minuten (je Angebotsumfang und Datengrundlage)

Utensilien: Flipchart/Whiteboard/Metaplan-Wand, Stifte & Moderationskarten oder Notebook & Office Software


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Zweck

Verwende das Kano Modell, um Merkmale eines existierenden oder noch zu entwickelnden Wertangebots gemäß der (erwarteten) Kundenzufriedenheit und dem Erfüllungsgrad zu kategorisieren. Der Ansatz unterteilt die Eigenschaften und Fähigkeiten eines Produktes bzw. Services in Basis-, Leistungs- und Begeisterungsmerkmale.

Das Modell ermöglicht Dir Anforderungen, Entwicklungsaufgaben oder Kundenanfragen zu priorisieren. Zudem hält es Dich dazu an, die eigenen Leistungen stets aus Kundensicht zu betrachten, zu bewerten und kontinuierlich zu optimieren.

Synonyme für das Kano Modell sind Kano Methode, Kano Analyse oder Kano Konzept.


Aufbau

Kano Modell – „Wie gut trifft das Angebot die Bedarfe der Kunden?“

Kernelemente des Kano Modells ist ein qualitatives Koordinatensystem mit zwei Achsen und vier Quadranten.

  • Die vertikale Achse (Ordinate) zeigt die Kundenzufriedenheit bzgl. dem Merkmal eines Wertangebots. Je weiter oben, desto zufriedener der Kunden. Alternative Bezeichnungen sind Kundennutzen oder Kundenbegeisterung.
  • Die horizontale Achse (Abszisse) zeigt die Merkmalserfüllung. Je weiter rechts, desto besser trifft das Angebotsmerkmal die Anforderungen des Kunden. Alternative Achsenbezeichnungen sind Erwartungserfüllung, Anforderungserfüllung, realisierte Qualitätseigenschaften oder Angebot.
  • Im Schnittpunkt der vertikalen und horizontalen Achse findest Du die Indifferenzzone. Liegt ein Merkmal an dieser Stelle, so ist dies aus Kundensicht mittelmäßig erfüllt und sorgt weder für Zufriedenheit, noch für Unzufriedenheit. Außerhalb der Zone steigt bzw. sinkt der Zufriedenheitswert für Begeisterungs- bzw. Basisfaktoren dagegen überproportional.

Verorte jedes Merkmal Deines Angebots auf einer einzelnen Karte im Modell. Karten lassen sich verschieben, stapeln und auch wieder vom Arbeitsbereich nehmen. Zudem zwingen Karten zur Prägnanz. Maßgeblich für die Bewertung von Zufriedenheit und Erfüllung eines Merkmals sind die Einschätzungen des Kunden.

Kano Modell
Struktur und Elemente des Kano Modells

Basismerkmal – „Was setzen die Kunden implizit voraus?“

Führt bei Erfüllung zur keiner Reaktion beim Kunden, bei Nicht-Erfüllung zur Unzufriedenheit.

  • Welche Produkt-Features gelten am Markt als unausgesprochener Standard?
  • Welches Service-Niveau setzen Kunden implizit voraus?
  • Was sind selbstverständliche Muss-Kriterien für das Wertangebot?

Betrachte Basismerkmale (auch Hygiene-Faktor oder Grundanforderung) als Hygiene-Faktoren, also unterbewusste Anforderungen und Erwartungen des Kunden. Ihr Erfüllen steigert nicht die Kundenzufriedenheit, ein Fehlen sorgt aber für überproportionalen Unmut.

Ein Basismerkmal erfasst Du durch Observation, dem Jobs-to-be-Done Konzept sowie der Analyse von Vorgänger- und Konkurrenzangeboten.

Leistungsmerkmal – „Was fordern die Kunden explizit?“

Führt bei Erfüllung zur Zufriedenheit beim Kunden, bei Nicht-Erfüllung zur Unzufriedenheit.

  • Welche Produkt-Funktionen werden vom Nutzer in Umfragen explizit verlangt?
  • Nach welchen Service-Leistungen erkundigen sich Kunden bei Buchungen?
  • Welche Features besitzen vergleichbare Wettbewerbsangebote?

Leistungsmerkmale (auch Muss-Faktor oder Qualitätsanforderung) werden vom Kunden bewusst gefordert bzw. erwartet. Ihre Erfüllung hat einen direkten linearen Einfluss auf die die Zufriedenheit .

Ein Leistungsmerkmal ermittelst Du mittels Interviews, Befragungen sowie Auswertung von Meinungsumfragen und Markstudien.

Begeisterungsmerkmal – „Was überrascht die Kunden positiv?“

Führt bei Erfüllung zur Zufriedenheit beim Kunden, bei Nicht-Erfüllung zu keiner Reaktion.

  • Welche unerwartete Produkt-Eigenschaft löst eine außergewöhnliche Kundenerfahrung aus?
  • Mit welchem nutzbringenden Service-Aspekt rechnen Kunden definitiv nicht?
  • Welche neuen Merkmale am Wertangebot würden Kunden begeistern?

Begeisterungsmerkmale (auch Wow-Faktor oder Unterscheidungsanforderung) schlummern unbewusst beim Kunden. Ihre Erfüllung führt zu überproportionalen Zufriedenheit.

Ein Begeisterungsmerkmal identifizierst Du per Jobs-to-be-Done Konzept, Brainstorming sowie anderen Kreativitätstechniken.


Anwendung

Nutze das Kano Modell bei Entwicklung eines neuen bzw. Analyse eines bestehenden Wertangebotes allein oder im Team. Gehe für eine sogenannte Kano Analyse wie folgt vor.

1. Wertangebot festlegen

Bestimme zunächst das Wertangebot, welches Du mittels dem Kano Modell betrachten möchtest. Lege die Grenzen fest, beispielsweise mit der Ist-Ist-Nicht Analyse.
Bestimme zudem die Kundengruppe, auf die Du das Wertangebot ausrichten möchtest.

2. Angebotsmerkmale definieren

Notiere anschließend 5 bis 15 relevante Merkmale des Wertangebots, jedes auf eine separate Karte. Achte darauf, dass es sich um von der Kundengruppe wahrgenommene Eigenschaften und Fähigkeiten handelt, da diese für sie einen Nutzen und damit Zufriedenheit erzeugen.

3. Kategorisierung vornehmen

Betrachte nun jedes Merkmal des Angebots nacheinander und entscheide, ob es sich um ein Basis-, Leistungs- oder Begeisterungsmerkmal handelt. Ordne diese im Koordinatensystem auf den beiden Achsen an.

Gleiche Deine Einschätzung zu Zufriedenheit und Erfüllung mit der Realität ab, beispielsweise durch Kundeninterviews, Abfragen oder Observationen.

4. Kategorisierung nutzen

Interpretiere die mittels des Kano Modells resultierende Kategorisierung.

  • Welche Merkmale begeistern bewiesenermaßen die Kunden?
  • Wo gibt es Abweichung vom Gesagten zum Beobachteten?
  • Welche Merkmale waren nicht auf dem Schirm bzw. welche sind gänzlich irrelevant?

Lege nächste Schritte fest, beispielsweise für die Entwicklung, Veränderung oder Einstellung des Angebots.



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Beispiele

Kano Modell für ein Hotelzimmer

Als Unternehmensberater bist Du oft auf Reisen. Das Kano Modell angewendet auf Deine Hotelunterkunft könnte folgende Kategorisierung ergeben.

Basismerkmale

  • Bett mit akzeptabler Matratze
  • Frühstückshappen oder Snack-Automat
  • Kleines Fernsehgerät mit Kabelanschluss
  • Ausschilderung von Parkmöglichkeiten

Leistungsmerkmale

  • Bett mit Komfortmatratze
  • Frühstücksbuffet
  • Großes Fernsehgerät mit Kabelanschluss
  • Eigene (kostenpflichtige) Parkplätze

Begeisterungsmerkmale

  • King-Size Bett mit rückenschonender Matratze
  • Frühstück mit biologischen Zutaten von regionalen Bauern
  • Großer Smart-TV als Entertainment- und Arbeitsstation
  • Tiefgarage mit Park-Service

Sorgte eine W-LAN-Internetverbindung Anfang der 2000er Jahre noch für Begeisterung, zählte das Ausstattungsmerkmal ab ~2010 zum Leistungsmerkmal. Heute gehört W-LAN in der westlichen Welt zum Grundumfang eines Hotelzimmers, ist damit ein Basismerkmal.

ProSieben/Galileo: Das beliebteste Budget Hotel Europas: Wieso ist Motel One so erfolgreich? (12min) – Merkmale des Wertangebot Hotel

Bei der Konzeption seiner Hotels hat die im Jahr 2000 gegründete Budget Kette Motel One sicherlich Gebrauch vom Kano Modell gemacht. Die Übernachtungsmöglichkeit ist eng an den Bedarfen von Geschäftsleuten und Städtetouristen ausgerichtet.


Vor- & Nachteile

Pro

  • Das Kano Modell ist ein eingängiges und pragmatisches Konzept für die Klassifikation von Angebotsmerkmalen.
  • Egal ob Produktstrategie, Wettbewerbsanalyse oder Zielkostenrechnung – das Modell ist vielfältig einsetzbar.
  • Das Konzept sensibilisiert sich wiederkehrend mit den Kunden und ihre Perspektive auf ein Angebot auseinanderzusetzen. Der inneren wird eine äußere Sicht gegenübergestellt.

Contra

  • Das Kano Modell liefert nur einen Kategorisierungsrahmen. Für die Bestimmung und Einordnung von Angebotsmerkmalen bist Du auf zusätzliche Methoden angewiesen.
  • Auf gegenläufige Entwicklungen von einem Basis- zu einem Begeisterungsmerkmal hat das Modell keine Antworten. Schallplatten galten als überholt, bis die Retrowelle die Tonträgerform wieder beliebter machte.
  • Das Modell differenziert nicht zwischen dem Inhalt (‚Was‘) und der Güte (‚Wie‘) eines Wertangebots. So hat die Art und Weise der Service-Erbringung bzw. die Qualität eines Produktes maßgeblichen Einfluss auf die Zufriedenheit des Kunden.
  • Für Alltagsprodukte und Standarddienste wie beispielsweise Nahrungsmittel oder Nahverkehrstransport entfaltet das Kano Modell nur geringen Nutzen. Oft machen diese Dinge viele Basis-, wenige Leistungs- und keine Begeisterungsfaktoren aus.

Praxistipps

Tipp 1 – Mit Produktentwicklungsansätzen verbinden

Das Kano Modell lässt sich prima mit weiteren Methoden der Produktentwicklung verbinden. Einige Anregungen:

Tipp 2 – Auf die Kundengruppe maßschneidern

Beachte die Abhängigkeit der drei Merkmalskategorien von der Zielgruppe.

Beispielsweise erachtet ein Studierender eine Flugreise per Business Class mit hoher Wahrscheinlichkeit als Begeisterungsmerkmal. Für den vielfliegenden Geschäftsreisenden gehört die Fortbewegung in der Business Class dagegen zum Leistungsmerkmal.

Tipp 3 – Gewöhnungseffekte berücksichtigen

Kunden gewöhnen sich an den Fortschritt. Anders ausgedrückt: Die Bewertung eines Merkmals wandelt sich über die Zeit vom Begeisterungs- zum Basismerkmal.

Führte ein Smartphone mit Touch Display und App Store im Jahr 2010 noch zu Begeisterungsstürmen, sind beide Features inzwischen Basismerkmale.

Tipp 4 – Kundenbegriff bewusst weiter fassen

Der Kunde spielt beim Kano Modell die Hauptrolle. Das heißt nicht automatisch, dass das Konzept nur für die Kunden eines Unternehmens greift. Einige Anregungen:

  • Verwende den Ansatz für die Mitarbeiter und Partner einer Organisation.
  • Setze das Modell für die Nutzer eines IT-Systems oder App ein.
  • Verwende Kano für die Empfänger eines Geschäftsprozesses.

Auch diese besitzen Erwartungen und Zufriedenheit in der Zusammenarbeit und können begeistert werden.

Tipp 5 – Kategorien bedarfsorientiert ergänzen

Erweitere das Kano Modell durch zusätzliche kontextspezifische Merkmalskategorien. Einige Anregungen:

  • Rückweisungsmerkmale – eine Erfüllung führt zur Unzufriedenheit, eine Nicht-Erfüllung zur Zufriedenheit des Kunden
  • Unerhebliche Merkmale – sowohl Erfüllung als auch Nicht-Erfüllung führen beim Kunden zu keiner Reaktion

Tipp 6 – Kunden strukturiert zu Merkmalen befragen

Das Kano Modell reflektiert die Perspektive des Kunden auf (D)ein Angebot. Hole Dir daher unbedingt diese externe Sichtweise ein. Hilfreich sind zwei bipolare Frageformen:

Funktionale Frage (positiv formuliert)

  • „Was würdest Du sagen, falls das Produkt dieses Merkmal besäße?“
  • „Wir würdest Du reagieren, falls es beim Service mehr davon gäbe?“

Dysfunktionale Frage (negativ formuliert)

  • „Was würdest Du sagen, falls das Produkt dieses Merkmal nicht besäße?
  • „Wie würdest Du reagieren, falls es beim Service weniger davon gäbe?

Bringe zwei gegensätzliche Fragen für das gleiche Merkmal zum Einsatz. Erfasse die Antworten zudem mittler einer Skala, beispielsweise mit den fünf Vorschlägen…

  • „Würde mich sehr freuen.
  • „Setze ich voraus.
  • „Ist mir egal.
  • „Nehme ich noch hin.
  • „Würde mich sehr stören.

Die Kundenantworten auf beide Frageformen resultieren in einer einfachen Matrix, auch Kano Tabelle genannt. Nutze die enthaltenen Paarkombinationen zur Bestimmung, ob es sich um ein Basis-, Leistungs- oder Begeisterungsmerkmal handelt.


Ursprung

Hinter dem Kano Modell steht Noriaki Kano, Professor der Universität Tokio, Autor und Berater für Qualitätsmanagement. Mit seinem in den 1970er Jahren entwickelten Modell stellte Kano den allgemeingültigen Glauben in Frage, dass die Verbesserung jeder Produkteigenschaft zum gleichen Maßen die Kundenzufriedenheit steigert. Vielmehr war der Japaner überzeugt, dass ausgewählte Merkmale eines Angebots überproportional auf die Zufriedenheit des Kunden einzahlen.


Bonusmaterial

Thomas Grosser: Kano Modell (2 min) – das Konzept kurz und anschaulich im Video erklärt


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