Das Five Forces Modell – die Branche systematisch bewerten
Als Unternehmensleiter, Strategieverantwortlicher oder Manager bzw. deren Berater bist Du mit folgenden Fragen konfrontiert:
- Welche Branchenkräfte wirken auf unser Unternehmen und wie groß sind dieses?
- Wie gestaltet sich die Markt- und Investitionsattraktivität einer bisher uns unbekannten Industrie?
- Lieferanten, Kunden, Wettbewerber – wer hat auf unsere Organisation die größte Macht?
Unterstützung findest Du im Five Forces Modell und dem Verfahren der Branchenstrukturanalyse.
Ergebnis: Strukturierte Bewertung der Branche eines Unternehmens
Teilnehmer: mind. 1 Person (besser: im Team)
Dauer: mind. 60 Minuten (je Unternehmen und Branche)
Utensilien: Notebook & Internetanschluss
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Zweck
Das Five Forces Modell hilft Dir bei der systematischen Analyse einer Branche und der daraus abgeleiteten Kräfte, die auf ein Unternehmen in dieser Branche wirken.
Der Grundgedanke des Modells ist, dass sich die Profitabilität einer gesetzten Branche vor allem durch dessen Struktur definiert. Diese beeinflusst die Wettbewerbsstrategie der beteiligten Unternehmen, die ihrerseits wiederum die Marktstruktur prägen. Wettbewerb geht nicht nur vom direkten Konkurrenten aus ist dabei die vielleicht wichtigste Erkenntnis des Modells.
Auch wenn es über 40 Jahre auf dem Buckel hat, so hat das Werkzeug nichts von seiner Nützlichkeit für eine Branchen(struktur)analyse verloren.
- Für ein Bestandsunternehmen zeigt Dir die Analyse mittels dem Five Forces Modell auf, gegen welche Branchenkräfte sich die Organisation absichern sollte.
- Für einen Marktneueintritt machst Du mittels des Modells transparent, mit welchen Gegenkräften das Unternehmen rechnen muss.
Das strukturierte Verständnis über das Umfeld eines Unternehmens auf Basis des Five Forces Modell ist eine Grundvoraussetzung für die Ableitung strategischer Maßnahmen.
Synonyme für das Five Forces Modell sind Porters Five, 5 Forces, Porters Forces, Branchenstrukturanalyse, die fünf Wettbewerbskräfte oder Fünf-Kräfte-Modell.
Aufbau
Five Forces Modell – „Welche Intensität haben die Kräfte in einer Branche?“
Der Erfinder des Five Forces Modell Michael Eugene Porter definiert eine Branche als eine Gruppe von Unternehmen, die eng verwandte Substitute herstellen. Nach Porters Modell bestimmen fünf Wettbewerbskräfte den Konkurrenzdruck und damit die Attraktivität der Branche.
Je stärker diese Kräfte, desto…
- geringer das Gewinnpotential,
- unattraktiver ist die Branche für die teilnehmenden Unternehmen und
- schwieriger einen Vorteil gegenüber den Wettbewerbern zu erringen.
1. Rivalität unter brancheninternen Wettbewerbern (engl. Industry rivalry)
Konkurrenz zwischen Marktbegleitern gleicher Branche ist die zentrale Triebkraft im Five Forces Modell. Die Intensität des Wettbewerbes ist hoch, falls…
- die Branche nur langsam wächst,
- viele Wettbewerber mit diversifizierten Angeboten existieren,
- die Geschäftsmodelle der Wettbewerber fast identisch sind,
- die Wettbewerber ihre Angebotskapazität nur in großen Volumen erhöhen können,
- die Branche von hohen (rechtlichen, geopolitischen, etc.) Risiken geprägt ist bzw.
- hohe (emotionale, wirtschaftliche, etc.) Marktaustrittsbarrieren existieren.
2. Bedrohung durch neue Anbieter (engl. Potential entrants)
Neue Anbieter treffen mit ihren zusätzlichen Angebotskapazitäten auf eine bestehende Marktnachfrage. Bleibt diese konstant, drückt das die Rendite aller Marktteilnehmer. Die Bedrohung durch neue ehrgeizige und finanziell gut ausgestattete Anbieter ist groß, falls…
- die Abnehmerbranche nur geringe Kosten beim Anbieterwechsel eingehen muss,
- das erforderliche Kapital für den Eintritt gering ist bzw. zurückgewonnen werden kann,
- der sich Zugang zu Vertriebskanäle einfach und kostengünstig gestaltet,
- die Skaleneffekte bei der Erzeugung und Vertrieb des Angebots gering ausfallen,
- keine gesetzlichen Bestimmungen den Eintritt in die Branche verhindern,
- es sich um standardisierte und am Markt bekannte Angebote handelt, die wenig Marketing erfordern bzw.
- es anderweitig wenige bis keine Kostennachteile für einen neuen Anbieter gibt.
3. Verhandlungsstärke der Lieferanten (engl. Bargaining power of suppliers)
Verhandlungsstarke Lieferanten können ihre Angebotspreise erhöhen und damit die Profitabilität einer Abnehmerbranche reduzieren, wenn diese die gestiegenen Kosten nicht an die eigenen Märkte weitergeben kann. Eine Lieferantenbranche gilt gegenüber einer Abnehmerbranche als verhandlungsstark, falls…
- diese mit wenigen Unternehmen stark konzentriert ist,
- für ihre Angebote eine geringe Substitutionsgefahr besteht,
- ihr Angebot ein wesentlicher Beitrag für die Abnehmerbranche darstellen,
- hohe Wechselkosten zu einem alternativen Lieferanten bestehen,
- für sie die Abnehmerbranche wirtschaftlich nicht relevant ist bzw.
- sie mit einer Vorwärtsintegration (daher Aufkauf) in die Abnehmerbranche drohen könnte.
4. Verhandlungsstärke der Abnehmer (engl. Bargaining power of buyers)
Verhandlungsstarke Abnehmer können die Preise drücken, bessere Qualität durchsetzen oder erweiterte Angebotsumfänge erzwingen. Eine Abnehmerbranche gilt gegenüber einer Lieferantenbranche als verhandlungsstark, falls…
- diese stark konzentriert ist bzw. relativ betrachtet große Volumen einkauft,
- die von der Lieferantenbranche bezogenen Angebote stark substituierbar sind,
- sie nur geringe Kosten bei Wechsel des Lieferanten in Kauf nehmen muss,
- für sie das Angebot nur zu geringen Mehrwerten führt,
- sie nur wenig profitabel und damit stets auf der Suche nach Einsparungen ist,
- sie umfangreiche Informationen über die Lieferantenbranche besitzt bzw.
- sie mit einer Rückwärtsintegration (daher Aufkauf) in die Lieferantenbranche drohen könnte.
5. Bedrohung durch Ersatzangebote (engl. Threat of substitutes)
Ein Ersatzangebot bzw. Substitut löst bei der Kundenbranche das gleiche Problem, befriedet den gleichen Bedarf oder führt die gleiche Aufgabe aus wie das Originalangebot. Ein Ersatzangebot begrenzt die möglichen Gewinne einer Branche. Es setzt eine absolute Grenze für den Preis, welchen die Branche für ihr Angebot fordern kann. Der Einfluss von Substituten ist groß, falls…
- nur eine geringe ausgeprägte Angebotsloyalität im Markt herrscht,
- die Umstellungskosten vom Original auf das Substitut gering ausfallen,
- die Preise des Originals hoch sind und Leistungsabstriche beim deutlich günstigeren Substitut akzeptiert werden bzw.
- Lizenzen und Patente für das Original auslaufen.
Was unterscheidet nun nach Porters Five Forces Modell erfolgreiche Unternehmen von ihren weniger erfolgreichen Begleitern? Erfolgreiche Unternehmen…
- sind in einer attraktiven Branche mit schwachen Kräften tätig,
- bauen eine verteidigungsfähige Position in ihrer Branche auf, also eine Situation, in der die fünf Wettbewerbskräfte eine geringe Intensität aufweisen und
- wirken selbst aktiv auf die Stärken der fünf Kräfte durch ihre strategisch gewählte Ausrichtung ein.
Anwendung
Eine Branchenstrukturanalyse mit dem Five Forces Modell lässt sich allein oder im Team realisieren. Nachfolgend eine Kurzbeschreibung für eine Solo-Umsetzung.
1. Zielbranche festlegen
Definiere zunächst die Branche, für welche Du das Five Forces Modell anwenden willst. Wähle Umfang und Detailtiefe mit Bedacht.
- Geht es um die Restaurantbranche?
- Oder nur um die Fast-Food-Industrie?
- Sind vielleicht ausschließlich solche Unternehmen im Fokus, die Burger & Pommes verkaufen?
Achte auch auf die Bedarfe der Personen, die auf Grundlage Deiner Five Forces Analyse anschließend Entscheidungen treffen wollen.
2. Kräfte erfassen
Identifiziere als nächstes nacheinander die fünf Kräfte der Zielbranche.
- Wer oder was sind die Wettbewerber?
- Welche (neuen) Abnehmer und Lieferanten gibt es?
- Inwieweit tauchen am Branchenhorizont neue Anbieter bzw. Ersatzprodukte auf?
Arbeite die strukturellen Eigenschaften heraus und bewerte diese (zum Beispiel: Intensität schwach, mittel bzw. hoch). Nutze die per Desk Research identifizierten Sekundärquellen, um die Aussagen mit Fakten abzusichern.
3. Analyse konsolidieren
Fasse die Analyseergebnisse der fünf Kräfte in eine Übersicht zusammen.
- Erkennst Du Wechselwirkungen und Abhängigkeiten?
- Wie wandelt sich die Verhandlungsstärke der Abnehmer aufs gesamte Jahr betrachtet?
- Besitzt der Lieferantenmarkt auch in fünf Jahren noch seine heutige Struktur?
Ebenfalls lohnt es sich, über die Veränderungen der Kräfte in Vergangenheit und Zukunft nachzudenken.
4. Konsequenzen ableiten
Leite alle positiven und negativen Konsequenzen der Branche für das Unternehmen aus den Marktkräften ab.
- Wo entstehen neue Angebotschancen für die Firma?
- Welche Teile des Geschäftsmodells sind bedroht?
- Wie ändert sich die Wertschöpfung vor dem Hintergrund der strukturellen Änderungen bei den Lieferanten?
Finde heraus, was die Kräfte der Branche für das Unternehmen bedeuten, indem Du „So What?“-Fragen stellst. Verarbeite die Ergebnisse weiter, beispielsweise mit Hilfe einer SWOT Analyse oder detaillierten Risikobetrachtung.
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Beispiele
Das Five Forces Modell für die Luftfahrtbranche
Die Abbildung zeigt das Five Forces Model angewendet auf die Airline Industrie. Die Punkte sind beispielhaft und unvollständig. Sowohl Neue Anbieter als auch Ersatzangebote sind im Modell starke Branchenkräfte. Ein Luftfahrtunternehmen sollte diese bewerten und daraufhin Ziele und Maßnahmen ableiten.
Vor- & Nachteile
Pro
- Das Five Forces Modell ist ein guter Startpunkt die Wettbewerbssituation in einer einzelnen Branche für ein Unternehmen systematisch und umfassend zu beleuchten.
- Das Tool wurde langjährig erprobt, seine Anwendung ist robust.
- Viele Unternehmer, Manager und Entscheider kennen das Konzept und wissen um die Bedeutung seiner Begriffe. Das erleichtert die Analysearbeit und die Kommunikation der Ergebnisse.
Contra
- Das Modell repräsentiert nur eine Momentaufnahme und fokussiert auf stabile Industrien. Für Branchen mit höherer Wettbewerbsdynamik und starken wechselseitigen und sich ständig ändernden Abhängigkeiten ist es nicht geeignet.
- Die Beschaffung gesicherter Daten ist aufwendig und teilweise unmöglich (z.B. Wettbewerber). Speziell, falls es sich um quantitative Aussagen zu den Kräften handelt oder die Branche von einem rasanten Fortschritt geprägt ist.
- Auch betrachtet Porters Konzept nicht die Kooperationen von Lieferanten und Anbietern im Rahmen von Komplementärangeboten. Zum Beispiel liefert die Erdölindustrie Treibstoff für ihren Partner die Fahrzeughersteller. Ohne Öl (fast) keine Fahrzeug-Mobilität, ohne Fahrzeuge (fast) kein Ölverbrauch.
Praxistipps
Tipp 1 – Die Regierung als 6te Kraft berücksichtigen
Obwohl Regierungen von Ländern im Five Forces Modell nicht als eigenständige Kraft aufgeführt sind, beeinflussen sie dennoch wesentlich die fünf Kräfte. In vielen Branchen stellen Regierungen ebenfalls die Abnehmer (zum Beispiel: Verteidigungsindustrien) oder Lieferanten (zum Beispiel: Holz) bzw. wirken auf diese mittels ihrer Gesetzgebung.
Auch können Gesetzte die Situation einer Branche bzgl. Eintrittsbarrieren oder Substitute positiv oder negativ beeinträchtigen. Beziehe daher in Deiner Analyse auch die politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen als 6te Kraft mit ein.
Tipp 2 – Den Endkunden als 7te Kraft berücksichtigen
Wendest Du das Five Forces Modell für ein Unternehmen im Business-to-Business an, ist es sinnvoll, den Endkunden als zusätzliche Kraft aufzunehmen. Mit dem Wissen über die Endkunden kannst Du die Situation des direkten Geschäftskunden besser nachvollziehen und diese Kraft besser beurteilen.
Tipp 3 – Mit PESTEL und SWOT kombinieren
Eine gute Reihenfolge für die Analyse des Unternehmensumfeldes ist PESTEL > Five Forces > SWOT.
- Zunächst betrachtest Du branchenübergreifend das Unternehmensumfeld mittels dem PESTEL Framework.
- Die Ergebnisse sind Input für Dein Five Forces Modell.
- Dessen Resultate fließen in einem dritten Schritt in eine SWOT Analyse ein, wobei die Kräfte beschrieben werden, die von der externen Umwelt auf das Unternehmen einwirken.
Tipp 4 – Die stärkste Kraft identifizieren
Welches ist die mächtigste Kraft in Deiner anvisierten Zielebranche? Was beeinflusst das Bestandsunternehmen am stärksten? Identifiziere die stärkste Kraft.
Falls ihre Intensität steigt bzw. fällt, wächst bzw. schrumpft auch gleichzeitig die Profitabilität für die in der Branche agierenden Unternehmen. Sondiere diese Kraft und überlege, wie diese beeinflusst werden könnte.
Tipp 5 – Auf den Wettbewerber anwenden
Nutze das Five Forces Modell für einen Wettbewerbsanalyse. Wende dazu das Modell auf die Wettbewerbsfirmen an.
- Wie schneiden diese bzgl. der fünf Kräfte ab?
- Wo liegen die Stärken und Schwächen?
- Was könnte die resultierende Strategie der Konkurrenten sein?
Nutze die gewonnenen Erkenntnisse für die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells.
Tipp 6 – Die Branchengrenzen weiter fassen
Insbesondere bei Wettbewerbern und Ersatzangeboten reicht es oft nicht, wenn Du nur die Zielbranche untersuchst. Gerade in digitalen Zeiten lösen sich die Branchengrenzen immer mehr auf. Ein vormals weit entferntes Unternehmen kann mit seinem Angebot plötzlich in direkte Konkurrenz treten, da es das gleiche Grundproblem bzw. den identischen Job adressiert. Fasse den Branchenbegriff am Ende Deiner Analyse bewusst etwas weiter und Du wirst neue Aspekte erkennen.
Lesetipp
Falls Du gerne auf Spurensuche gehst, dann kann ich Dir den ursprünglichen Artikel The five competitive forces that shape strategy von Michael E. Porter ans Herz legen. 2008 hat das englischsprachige Magazin Harvard Business Review den Beitrag neu aufgelegt.
Ursprung
Michael Eugene Porter hat sich mit seinem Five Forces Modell in Wissenschaft und Praxis ein strahlendes Denkmal errichtet. Als er 1980 sein Buch Competitive Strategy* herausbrachte, ahnte der US-amerikanischer Ökonom und Universitätsprofessor sicherlich nicht, dass auch noch vier Dekaden später Millionen von Wirtschaftsstudenten sein Fünf-Kräfte-Modell für die Abschlussprüfung büffeln würden.
Bonusmaterial
Havard Business Review: The Five Competitive Forces That Shape Strategy (13 min) – Interview mit Michael E. Porter zu seinem Strategiemodell
Die Merkhilfe Wirtschaft: Branchenstrukturanalyse – Fünf-Kräfte-Modell nach Porter einfach erklärt (6 min) – das Konzept im Video auf den Punkt gebracht
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