Design Sprint

Der Design Sprint – eine Lösungsidee in vier Tagen testen

Als InnovationsmanagerUnternehmer oder Produktverantwortlicher bzw. deren Berater bist Du mit folgenden Fragen konfrontiert:

Unterstützung findest Du im Design Sprint und dem Verfahren des Design Sprintings.


Ergebnis: für ein Problem bzw. Ziel wurde eine Lösungsidee entwickelt und mit Zielkunden verprobt

Teilnehmer: 1 bis 7 (am besten im Team)

Dauer: 4 bis 5 Arbeitstage

Utensilien: abhängig von Problem, in der Regel Whiteboard/Flipchart/Metaplan-Wand, Zetteln & Stifte, Notebook, Office Software & Internet


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Zweck

Ein Design Sprint ist ein in Startup-Kreisen verbreitetes Workshop-Konzept eine solide Lösungsidee zu entwickeln und in der Praxis zu verproben. Innerhalb von vier bis fünf Tagen

  • analysierst Du – und idealerweise ein Team von Mitstreitern – ein Problem,
  • entwickelt Ihr eine Lösung und
  • testet die Lösungsidee schließlich mit externen Kunden bzw. internen Anwendern aus.

Die Lösung kann dabei ein neues Produkt, eine überarbeitete Dienstleistung, ein neues IT-System, ein neues Geschäftsmodell oder ein Ansatz für ein Problem oder Ziel sein.

Hinter dem Konzept steht der Grundgedanke eng mit der Zielgruppe zusammenzuarbeiten und früh in der Neuentwicklung den Erfolg bzw. Misserfolg einer Idee einzuschätzen. Ein zeitiges Scheitern spart Zeit und Geld. Zudem setzt es Ressourcen, frei die in alternative Lösungsideen gesteckt werden können.

Beim sogenannten Design Sprinting orientierst Du Dich am Design Thinking Prozess und setzt diesen pragmatisch um. Das Vorgehen gleicht dabei einem Regenschirm, der verschiedene Entwicklungsmethoden aus der Startup-Welt kombiniert.

Bemerkenswert ist die Intensität und Geschwindigkeit mit der Du und Deine Teamkollegen eine Sache beackerst. Nach vier Tagen steht eine Lösung, und eine Vielzahl neuer Erkenntnissen.


Aufbau

Design Sprint – „Wie können wir eine Lösungsidee für ein Problem rasch verproben?“

In seiner Urfassung benötigt ein Design Sprint fünf Arbeitstage. Inzwischen hat sich auch eine kürzere 4-Tages-Variante durchgesetzt, deren eng getakteten Ablauf ich nachfolgend skizziere.

Untere Abbildung zeigt den Aufbau der 4-Tages-Variante nebst möglicher Ergebnistypen je Arbeitstag. Dabei musst Tag 1 nicht unbedingt auf einen Montag fallen. Einige Quellen schieben zudem zwischen der Ideengenerierung und dem Prototyping einen zusätzlichen Arbeitstag für die Lösungsentscheidung.

Bewusst wird zwischen…

  • Auseinandergehen (englisch Diverge) – dem Erzeugen von Optionen – und
  • Zusammenlaufen (englisch Converge) – dem Entscheiden für Optionen –

unterschieden. Andere differenzieren zwischen Lösungsideen und Lösungskonzept. Bleib hier flexibel und passe die Technik auf die Bedarfe des Teams und dem Unternehmenskontext an.

Design Sprint
Phasen eines 4-tägigen Design Sprints sowie mögliche Ergebnistypen

Tag 1: Problemerkundung (engl. Empathize & Define)

Der erste Sprinttag ist der Erkundung des Problems bzw. Ziels gewidmet. Typische Leitfragen dieser Analysephase sind:

  • Was ist das heutige Vorgehen des Kunden – die Customer Journey?
  • Wo treten bei der Anwendung des Produkts momentan Schwierigkeiten auf?
  • Welche Merkmale des Services beklagen die Nutzer?
  • Welche Schwächen hat unseres aktuelles Geschäftsmodell?

Im Zentrum steht die Schaffung eines gemeinsamen Verständnisses aus der Perspektive der Zielgruppe. Nützlich sind Methoden wie das Jobs-to-be-Done Konzept mit dem Du Kundenaufgaben und damit verbundenen Schmerzen und Bedarfe identifizierst.

Die Customer Journey und das Story Map helfen Dir die Reise des Kunden zu visualisieren, zu diskutieren und zu analysieren. Schließlich unterstützt das Value Proposition Canvas beim detaillierten Ergründen der Bedarfe, Schmerzen und Aufgaben des Kunden.

Tag 2: Lösungsfindung (engl. Ideate)

Am zweiten Tag geht es um die Lösungsfindung. Beispielhaft einige Fragen:

  • Wie kann das Problem des Kunden behoben werden?
  • Womit lassen sich die Ziele der Nutzer erreichen?
  • Wodurch kann das aktuelle Geschäftsmodell optimiert werden?
  • Welches IT-System sollte die Prozesse des Fachbereichs unterstützen.

Zum Einsatz bringst Du Kreativitätstechniken wie die SCAMPER Methode, das klassische Brainstorming oder die 6-3-5 Methode. Auch kannst Du die linke Seite des Value Proposition Canvas bzw. die Story Map erweitern oder mittels NABC Methode die Konzeptionsarbeit an Geschäftsmodellen parallelisieren. Alternativ zur Teamarbeit bittest Du die Teilnehmer einzeln zu entwickeln. Als Ergebnissen stehen Skizzen, Abbildungen und Ablaufmodelle, welche die Lösung detaillieren.

Entscheidet im letzten Viertel des Tages, welche potentiell vielversprechende Lösung im Design Sprint weiterverfolgt werden soll. Hilfreich sind die Methoden KJ Methode zur Strukturierung der Vielzahl von Vorschlägen. Anschließend bringt ihr die Ideenbewertung zum Einsatz. Zudem unterstützt die SWOT Analyse bei der systematischen Bewertung von Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken einer Lösung.

Tag 3: Prototyping (engl. Prototype)

Der Tag 3 des Design Sprints steht ganz im Zeichen der Konstruktion eines Prototyps, dem Minimum Viable Product. Das kann eine kleine Webseite, ein kurzes Video, eine PowerPoint-Präsentation, ein Papiermodell, ein kleines Computerprogramm oder ein anderes – der Lösungsumsetzung nahekommendes – Konzept sein.

Legt dazu Hypothesen fest, die der Prototyp validieren soll. Dabei handelt es sich um Annahmen, die den Kernnutzen der Lösung betreffen. Beispielhafte Hypothesen sind:

  • Die Zielgruppe würde diesen Alternativ-Service, statt den üblichen Service ordern.
  • Anwender würden das Produkt mehrmals täglich einsetzen.
  • Kunden sind bereit für den Prototypen ihr hart verdientes Geld in die Hand zu nehmen.
  • Die Fachbereiche würden mit dem neuen IT-System arbeiten.

Achte darauf, die Hypothesen zu Verschriftlichen und den Prototypen um diese Hypothesen herumzubauen. Nachfolgend wird sich das Sprint Team ganz besonders auf den Nachweis dieser Aspekte konzentrieren.

Tag 4: Testing (engl. Test)

Am finalen Tag des Design Sprints werden potentielle Kunden bzw. Anwender mit dem Prototypen konfrontiert und die Hypothesen belegt oder widerlegt. Definiert dazu, wie ihr den Prototyp verproben möchtet. Hilfreich ist das Konzept der Testkarten. Auf dieser wird explizit Vorgehen, Ergebnisse und Erkenntnisse eines Tests in Bezug auf eine Hypothese festgehalten.

Je nach Problem, Lösung und Prototyp eigenen sich unterschiedliche Testformate. Eine  Auswahl:

  • Halb-Strukturierte Interviews von Nutzern mittels einer Interviewslandkarte.
  • Messung der Zugriffe und des Verhaltens auf einer Webseite.
  • Befragung von Zielkunden auf Basis eines Fragebogens.
  • Sammlung von Unterschriften von potentiellen Kunden mehr über die Lösung erfahren zu wollen.
  • Videodreh von Kunden inklusive Beobachtung bei Interaktion mit dem Prototypen und anschließender Analyse.

Werden die Hypothesen bestätigt, haben das Team und Du einen Indikator, dass die entwickelte Lösung funktioniert. Bleibt der Erfolg aus könnt, ihr in einem neuen Sprint die Lösung, die Zielgruppe oder beides anpassen.

Last but not least helfen Tests den Prototyp zu verfeinern, neue Lösungsideen zu generieren, das Problem besser zu verstehen bzw. mehr über die Zielgruppe zu erfahren.


Anwendung

Nicht für jedes Problem muss gleich ein Projekt aufgesetzt und ein Kick-Off einberufen werden. Ein Design Sprint absolvieren Dein Team und Du in vier Arbeitstagen.

1. Vorbereiten

Für gute Ergebnisse eines Design Sprints sorgst Du durch eine gute Vorbereitung. Stelle sicher, dass alle Teilnehmer die 4 Arbeitstage vollständig verfügbar sind. Keine Nebenprojekte, Kundentelefonate oder E-Mails.

Design Sprints kosten Energie. Buche einen hellen, freundlichen Arbeitsraum, plane Pausen ein und stelle gesunde Snacks und frische Getränke bereit. Design Sprints leben zudem von der Kreativität des Teams. Stelle ausreichend Flipcharts, Whiteboards, Stifte, Moderationskarte und andere Bastelmaterialien im Raum bereit.

2. Durchführen

Formuliert zu Beginn des Sprints eine zentrale Frage, die sich dem Ziel oder Problem annimmt. Vier Tage sollten ausreichen, diese mittels einem validierten Prototypen zu beantworten.

Sprintet hintereinander. Falls zeitlich nicht machbar, kann gerne der Samstag für die Tests verwendet werden, wissend, dass am Wochenende vielleicht nicht alle Kunden für Tests zur Verfügung stehen.

3. Abschließen

Ordnet die Lernerkenntnisse aus dem Sprint.

  • Welche Hypothesen konnten bestätigt werden?
  • Welche Annahmen trafen nicht zu?
  • Welche Erkenntnisse waren überraschend?

Die Ergebnisse eines Designs Sprints können für Folgesprints herangezogen werden. Alternativ wird ein Projekt aufgesetzt oder die Lösungsidee ganz verworfen.



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Beispiele

Design Sprints in der Geschäftswelt

Auch die Wirtschaft folgt dem Beispiel von Google und setzt verstärkt auf das Design Sprint Format. Nachfolgend eine Auswahl von sprintenden Unternehmen:

  • Der dänische Spielzeughersteller Lego lässt neue Produktideen in Sprints generieren.
  • Das schwedische Bekleidungsunternehmen Hennes & Mauritz entwickelte per Design Sprint einen Google Voice Assistenten H&M Home.
  • Das US-Amerikanische Verlagshaus New York Times verrät, wie Design Sprints parallel umgesetzt werden können.
  • Beim deutschen Autobauer Volkswagen WE sprinten die Mitarbeiter zu Mobilitätskonzepten der Zukunft.

Vor- & Nachteile

Pro

  • Die Begrenzung auf vier sequentielle und gleichzeitig fokussierte Arbeitstage stellt sicher, dass am Ende eines Design Sprints ein Ergebnis sowie zahlreiche Erkenntnisse stehen.
  • Durch das Konzept sinkt die persönliche Betroffenheit, falls eine Lösungsidee scheitert. Explizit wird mit Hypothesen gearbeitet, welche Tests verifizieren oder falsifizieren. Zudem ist der Invest auf 4 Tage begrenzt.
  • Statt Unsummen in ein Entwicklungsprojekt zu investieren, hilft der Design Sprint sich auf die wesentlichen Aspekte einer Lösung zu konzentrieren und deren Tragfähigkeit schnell und preiswert zu überprüfen.

Contra

  • Speziell ranghöhere und erfahrene Teilnehmer fällt es schwer, sich für vier konsekutive Tage aus dem Alltag auszuklinken um ausschließlich zu sprinten. Die Gefahr besteht, in den Pausen doch in Projekt- bzw. Liniengeschäft abzugleiten.
  • Gerade traditionelle Firmen tun sich oft schwer, ihre Historie der langzyklischen Entwicklungsprojekte abzulegen und sich auf ein 4-Tages-Workshop einzulassen. Beispiele und Erfolgsgeschichten helfen beim Überzeugen.
  • Design Sprints sind teuer. Einen Sprint mit sieben Teilnehmern für vier Tage durchzuführen kostet ein Unternehmen rechnerisch 28 Arbeitstage. Die Zeit für die Vor- und Nachbereitung sowie einen externen Berater  für Moderation nicht einkalkuliert. Das Format sollte daher nur bei ausreichend großen Problemen bzw. Zielen herangezogen werden.
  • Das setzen eines realistischen Zieles bedarf etwas Übung. Nicht jedes Problem lässt sich in 4 Tagen (partiell) lösen, denke hier nur an technische Geräte wie den Computer oder das Flugzeug.

Praxistipps

Tipp 1 – Prototypen klein dimensionieren

Am Tag 2 sprudeln die Ideen und das Team möchte einen richtig guten Prototypen auf die Beine stellen. Doch Achtung: Für die Konstruktion des Prototypen steht lediglich ein einziger Tag zur Verfügung. Konzentriert Euch auf die wichtigsten fünf Hypothesen – diese, und nur diese – soll der Prototyp bestätigen.

Tipp 2 – Gemeinsam im Team sprinten

Design Sprints absolvierst Du am besten im Team. 3 bis 7 Personen ist eine ideale Größe, so das Energie freigesetzt wird und trotzdem noch jeder eine aktive Rolle ausfüllt.

Das Sprinting selbst ist eine kollaborative und iterative Angelegenheit. Die Interaktionen zwischen den Akteuren sind hoch und intensiv. Das Sprint Team und Du wechseln kontinuierlich zwischen einer konkreten (Menschen, Ergebnisse, Erfahrungen) und abstrakten Welt (Modelle, Hypothesen, Ideen).

Tipp 3 – Ergebnisse in Folgesprints wiederverwenden

Nutzt die Ergebnisse eines Vorgängersprints für einen Folgesprint und verkürze damit den nächsten Durchgang. Zum Beispiel können das Team und Du auf die Ergebnisse von Montag (Zielbild) und Dienstag (Lösungsideen) zurückgreifen oder gegebenenfalls sogar Teile des Prototypen wieder verwenden.

Tipp 4 – An Einzeltagen Design Marathon laufen

Manchmal ist es für die Teilnehmer einfach zeitlich nicht machbar vier fortlaufende Tage für einen Design Sprint zu blockieren. Statt das Projekt jetzt ganz unter den Tisch fallen zu lassen, könnt ihr überlegen, auf einen Design Marathon umzuschwenken. Was heißt das konkret?

Statt vier Tage am Stück, reserviert ihr Euch vier Einzeltage in einem Monat, beispielsweise jeden Donnerstag. Diese Termine sind heilige Zeit an der Ihr zusammen an der Problemlösung arbeitet. Der Vorteil der Einzeltreffen: Zwischen den Sprint Tagen hat jeder Teilnehmer Gelegenheit die Lösungsidee für sich weiterzuentwickeln. Das Konzept reift.

Tipp 5 – Erhaltene Ergebnisse absichern

In meiner Laufbahn habe ich es mehrmals erlebt, das ein Design Sprint erfolgreich zu Ende ging, die Motivation und Ergebnisse jedoch innerhalb der nächsten Wochen im Sande verliefen. Der Fehler: Das Team fixierte keine nächsten Schritte.

Bleibe verbindlich. Reserviere am Tag 4 etwas Zeit, führe ein Lessons Learned durch und halte offene Aufgaben in einem Kanban Board oder Aufgabenliste fest.

Tipp 6 – Gleichzeitig kreativ und tolerant sprinten

Nicht jeder Design Sprint ist von Erfolg gekrönt. Anders als gewöhnliches Problemlösen, benötigen Dein Team und Du einen speziellen Mindset.

  • Beginner – Starte wie ein Anfänger in einem Thema und schiebe Glaubenssätze, Vorbehalte und Standardvorgehen zur Seite.
  • Mehrdeutigkeit – Akzeptiere die Mehrdeutigkeit von Zielgruppen, Probleme und Nutzer.
  • Empathie – Versetze Dich in die Zielgruppe vollständig hinein.
  • Kreativität – Glaube an die Kraft der geistigen Kreativität.
  • Toleranz – Lerne aus positiven und negativen Ergebnissen.

Lesetipp

Möchtest Du das Thema Design Sprints vertiefen, dann kann ich Dir Sprint: Wie man in nur fünf Tagen neue Ideen testet und Probleme löst* empfehlen. Das Buch ist ein Gemeinschaftswerk der Google Mitarbeiter Jake Knapp, John Zeratsky und Braden Kowitz. Google gilt als Erfinder des Konzepts, die drei Autoren wissen also Bescheid.


Ursprung

Der Ursprung des Design Sprint Workshop-Formats liegt bei GV (bis 2015 Google Ventures), einem Gründungsinvestor des HighTech-Riesens Alphabeth Inc.. Google hat das Vorgehen in eigenen Startups sowie bei Beteiligungen hundertfach verprobt und in Blogbeiträgen und Büchern* publiziert.


Bonusmaterial

Jake Knapp und John Zeratsky: Sprint Monday (4 min) – die beiden Google Ventures Mitarbeiter stellen den ersten Tag des Design Sprints vor

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