Datenflussdiagramm

Das Datenflussdiagramm – Informationsaustausch modellieren

Als ProduktverantwortlicherSystemarchitekt oder Analyst bzw. deren Berater bist Du mit folgenden Fragen konfrontiert:

  • Worin besteht der Datenaustausches eines Produktes mit seinem Umfeld?
  • Welche Funktionen erfüllt ein System mit welchem Input bzw. Output?
  • Was sind die Datenflüsse innerhalb und außerhalb eines Prozesses?

Unterstützung findest Du im Datenflussdiagramm und dem Verfahren der Datenflussanalyse.


Ergebnis: Funktionen, Datenspeicher, Nachbarn und Datenflüsse eines bestehenden oder zukünftigen Systems definiert

Teilnehmer: mind. 1 Person

Dauer: 10-60 Minuten (je Umfang und Umgebung des Systems)

Utensilien: Flipchart/Whiteboard/Metaplan-Wand, Klebezettel & Stifte oder Notebook & Office Software


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Zweck

Mit einem Datenflussdiagramm visualisierst, analysierst und strukturierst Du für ein neues oder bestehendes System

  • die Systemfunktionen und Datenspeicher,
  • die direkte Umgebung der Nachbarsysteme sowie
  • die Datenflüsse innerhalb und außerhalb des Systems.

Das System kann dabei soziotechnischer Natur sein, also neben Hardware- bzw. Software auch Geschäftsprozesse, Gebäude, Anlagen und die nutzenden Personen umfassen. Typische Systeme im Geschäftsumfeld sind Business Anwendungen (z.B. Buchhaltungssoftware, Enterprise Resource Planning Systeme), Mobile Apps (z.B. Kalender, E-Mail) und Produktsysteme (z.B. Klimaanlage, Smartphone).

Das Datenflussdiagramm konzentriert sich auf den internen und externen Datenaustausch eines Systems. Der Diagrammtyp ist zu Beginn aber auch während eines Entwicklungsprojektes hilfreich.

Synonyme für das Datenflussdiagramm sind sein Akronym DFD, Datenflussplan oder die englischen Bezeichnungen Data Flow Diagram bzw. Data Flow Chart.


Aufbau

Datenflussdiagramm – „Welche internen und externen Datenflüsse hat ein System?“

Im Idealfall passt Dein Datenflussdiagramm auf eine Präsentationsfolie bzw. DIN-4 Seite. So bleibt die Darstellung übersichtlich und handhabbar.

Es existieren verschiedene Notationen zur Repräsentation von Datenflussdiagrammen. Nachfolgende Elemente und ihre Visualisierung sind eindeutig und einfach verständlich bzw. lassen sich auch mit einer gewöhnlichen Office Software erstellen.

Datenflussdiagramm
Struktur und Elemente des Datenflussdiagramms

Ein gutes Datenflussdiagramm enthält einen aussagekräftigen Titel. In der Regel ist dies der Name des Systems sowie der nutzende Unternehmensbereich. In der Fußzeile beinhaltet Dein Diagramm zudem Zusatzinfos, wie die Zielgruppe, die verantwortlichen Autoren sowie das Datum der letzten Änderung

Funktion (Rechteck mit abgerundeten Ecken) – „Was tut das System?“

Fähigkeit (auch Prozess) eines Systems, die Input einliest, Daten verarbeitet bzw. einen Output erzeugt. Die Wortgruppe ist aktiv und endet mit einem Verb (z.B. ‚SMS verschicken‘).

Jede Funktion besitzt mindestens einen Input oder einen Output.

Datenspeicher (zwei horizontale parallele Linien) – „Wo speichert das System seine Daten?“

Passiver Aufbewahrungsort für Daten sowohl zum Lesen als auch zum Schreiben. Nutze für den Namen einen eindeutigen Begriff in Substantivform, der die Speicherfunktion anzeigt (z.B. ‚Kundendatenbank‘, ‚Mitgliedertabelle‘).

Jeder Datenspeicher wird von mindestens einer Funktion lesend oder schreibend genutzt.

Nachbarsystem (Rechteck) – „Mit welchen Systemen tauscht das System Daten aus?“

Aktives externes System (auch Schnittstelle, externe Entität oder Terminator), welches dem System Daten sendet bzw. von diesem Daten erhält. Das externe System kann beispielsweise eine Smartphone App, eine Organisationseinheit oder eine Person sein.

Liefernde Schnittstellen kannst Du gerne Quellen, empfangende Schnittstellen Senken nennen. Notiere alle Nachbarsysteme am Rand des Datenflussdiagrammes und gebe ihnen ein eindeutiges Substantiv als Namen (z.B. ‚Kunde‘).

Jede Schnittstelle wird von mindestens einer Funktion empfangend oder sendend bedient.

Datenfluss (Pfeil) – „Wo fließen in und um das System die Daten?“

Gerichtete Verbindung (auch Informationsfluss) zwischen…

  • Funktion > Datenspeicher: Funktion schreibt Output in Datenspeicher
  • Datenspeicher > Funktion: Funktion ließt Input aus Datenspeicher
  • Funktion > Nachbarsystem: Funktion liefert Output an Nachbarsystem
  • Nachbarsystem > Funktion: Funktion erhält Input von Nachbarsystem
  • Funktion > Funktion: Funktion liefert Input an Funktion

Versehe einen Pfeil mit mindestens einem Geschäftsobjekte. Dieses charakterisiert den Input bzw. Output. Notiere ein Geschäftsobjekt als beschreibende Wortgruppe (z.B. ‚Aktueller Standort‘). Achte auf die konsistente Bezeichnungen zwischen den verschiedenen Pfeilen.

Nutze zwei separate Pfeile (eingehend und ausgehend), falls eine Funktion und ein Datenspeicher/Nachbarsystem im bidirektionalen Austausch stehen.


Anwendung

Ein Datenflussdiagramm kannst Du allein für Dich oder im Rahmen eines Modellierungs-Workshops erstellen. Durchläufe für diese Datenflussanalyse folgende Schritte:

1. System festlegen

Definiere im ersten Schritt das System und den Betrachtungsbereich. Beantwortet dazu folgende Fragen:

  • Wie ist der Name des Systems?
  • In welchem Kontext kommt es zum Einsatz?
  • Welche Funktionen stehen im Fokus?

Versehe Dein Datenflussdiagramm mit einem Titel.

2. Funktionen ergänzen

Füge Dir bekannte Funktionen des Systems zum Datenflussdiagramm hinzu. Nutze vorhandene Systemdokumentationen.

3. Datenspeicher, Nachbarsysteme & Datenflüsse einfügen

Gehe die Funktionen einzeln nacheinander durch und beantworte folgende Fragen:

  • Welche Input-Daten benötigt diese Funktion von wem oder was?
  • Welche Output-Daten liefert diese Funktion an wen oder was?

Ergänze aktive Nachbarsysteme, passive Datenspeicher sowie gerichtete Pfeile zu oder von den Funktionen. Notiere zudem die Geschäftsobjekte auf den Pfeilen.

Prüfe das Datenflussdiagramm auf Konsistenz und Korrektheit.

4. Diagramm nutzen

Bringe das Datenflussdiagramm bei Analyse und Diskussionen zwischen Fach- und IT-Vertretern zum Einsatz. Aktualisiere die Darstellung bei Bedarf.

Iteriere mehrmals über die Funktionen, Datenspeicher bzw. Nachbarsysteme sowie Datenflüsse und ergänze schrittweise neue Elemente und Beziehungen bzw. korrigiere bestehende.



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Beispiele

Datenflussdiagramm für ein Navigations-App

Die Abbildung zeigt ein Datenflussdiagramm für Smartphone App zur Straßennavigation.

Datenflussdiagramm
Datenflussdiagramm einer Smartphone Navigations-App

Vor- & Nachteile

Pro

  • Das Datenflussdiagramm ist einfach und rasch verständlich und auch von Modellierungslaien lesbar.
  • Obwohl es aus der Softwareentwicklung kommt, lässt sich der Visualisierungstyp für die unterschiedlichsten Typen von Systemen heranziehen.
  • Das Diagramm gibt einen aufschlussreichen Überblick auf die Datenflüsse im System sowie des System und seiner Umgebung.

Contra

  • Das Konzept betrachtet ausschließlich die funktionsbedingten Datenflüsse eines Systems. Nutze für statische Strukturen, dynamische Abläufe sowie wechselseitige Abhängigkeiten andere Visualisierungstypen wie das Klassendiagramm, das SIPOC Diagramm sowie das Kontextdiagramm.
  • Auch Bedingungen, Wiederholungen und Parallelität bildet der Diagrammtyp nicht ab. Nutze dafür beispielsweise die Ereignisgesteuerte Prozesskette.
  • Ab 10 Funktionen wird ein Datenflussdiagramm unübersichtlich. Du bist gezwungen zu abstrahieren oder das System als Teilsysteme auf mehrere Diagramme zu verteilen.
  • Die Modellierung eines Datenflussdiagramms bedarf Übung. Die Kunst besteht im Finden des richtigen Darstellungsgrads zwischen zu detailliert und zu abstrakt.

Praxistipps

Tipp 1 – Geschäftsobjekte der Datenflüsse detaillieren

Hauptaugenmerk des Diagrammtyps sind die Daten in Form der Geschäftsobjekte auf den Datenflüssen. Detailliere diese, beispielsweise mit Hilfe eines Klassendiagramms, Glossars oder Datenwörterbuchs. Auf diese Weise erhält ein Leser Zusatzinformationen zu den eingelesenen, verarbeiteten und ausgegebenen Daten.

Tipp 2 – Datenflüsse auf mehreren Ebenen darstellen

Bei zu vielen Information im Datenflussdiagramm überforderst Du den Leser. Zudem steigt für Dich der Pflegeaufwand, da auch bei kleinen Änderungen das Gesamtdiagramm betrachtet werden muss.

Überlege auf mehreren Ebenen zu modellieren. Eine Anregung:

  • Datenflussdiagramm Ebene 0 ist ein Kontextdiagramm. Es zeigt das System in der Mitte sowie die Datenflüsse zu den Nachbarsystemen.
  • Datenflussdiagramm Ebene 1 zeigt die Top-5 Funktionen des Systems. Zudem werden wesentliche Datenspeicher, Nachbarsysteme und Datenflüsse angezeigt.
  • Datenflussdiagramm Ebene 2 schlüsselt die Funktionen in Teilfunktionen inklusive detailliertere Datenspeicher, Nachbarsysteme und Datenflüsse auf.

Tipp 3 – Zu anderen Diagrammen konsistent halten

Beachte die Konsistenz von Elementen, falls Du das Datenflussdiagramm gemeinsam mit anderen Darstellungstypen für ein System erstellst. Einige Beispiele:

Tipp 4 – Funktion mit Beschreibung präzisieren

Eine Funktion kannst Du mittels einer zusätzlichen Funktionsbeschreibung detaillieren. Mögliche Merkmale dieser meist in Tabellenform dargestellten Verfeinerung sind:

  • Name – eindeutige Bezeichnung der Funktion
  • Beschreibung – textuelle Kurzbeschreibung
  • Akteure – beteiligte Akteure und Nachbarsysteme
  • Vorbedingungen – notwendiger Zustand vor Ausführung der Funktion
  • Ablauf – einzelne Phasen und Aktivitäten
  • Ergebnisse – erzeugte Resultate (z.B. Informationen, Stoffe, Energie)
  • Nachbedingungen – resultierender Zustand nach Ausführung der Funktion
  • Nicht-funktionale Anforderungen – Qualitätseigenschaften (z.B. Antwortzeitverhalten, Skalierbarkeit)

Datenflussdiagramm und Funktionsbeschreibung ergänzen sich prima. Das Diagramm gibt den Überblick, die Beschreibung liefert die Feinheiten. Achte auch hier auf Konsistenz in den verwendeten Begriffen.

Tipp 5 – Diagramm eindeutig und lesbar gestalten

Optimiere die Lesbarkeit und Eindeutigkeit Deines Datenflussdiagramms mit einem finalen Check. Stelle dazu folgende Fragen:

  • Verbundenheit – Besitzt jede Funktion, jedes Nachbarsystem und jeder Datenspeicher mindestens einen Datenfluss zu einem anderen Diagrammelement?
  • Funktionsbezogenheit – Besitzt jeder Datenfluss eine Verbindung zu mindestens einer Funktion?
  • Überschneidungsfreiheit – Sind die Überkreuzungen zwischen Datenflüssen durch geschicktes anordnen der Diagrammelemente minimiert?
  • Beschreibungssymetrie – Sind die Funktionen auf gleichem Detaillierungsniveau formuliert?

Ursprung

Edward Yourdon und Larry Constantine machten das Datenflussdiagramm mit ihrem Ende der 1970er Jahre vorgestellten Ansatzes des Structured Design bekannt. Dabei bauten die beiden Softwareentwickler für das Diagramm auf den Vorarbeiten von David Martin und Gerald Estrin auf.

Insbesondere Tom DeMarco, Chris Gane und Trish Sarson machten das Datenflussdiagramm und seine Notation in der Geschäftswelt populär.


Bonusmaterial

Christopher Kalodikis: Data Flow Diagram Overview (3 min) – Kurzüberblick über den Diagrammtyp


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