Die CATWOE Technik – strukturiert ein System verstehen
Als Analyst, Systemarchitekt oder Projektleiter bzw. deren Berater bist Du mit folgenden Fragen konfrontiert:
- Womit untersuchen wir strukturiert ein Problem oder eine Lösung in einem Kontext?
- Was hilft ein bestehendes oder neues System aus verschiedenen Perspektiven zu definieren?
- Auf welche Weises gelingt es uns die unterschiedlichen Sichtweisen auf einen Sachverhalt systematisch zu erheben?
Unterstützung findest Du in der CATWOE Technik und der multiperspektivischen Betrachtung eines Systems.
Ergebnis: multiperspektivische Betrachtung eines bestehenden oder zukünftigen Systems durchgeführt
Teilnehmer: Mind. 1 Person (besser: im Team)
Dauer: 30-90 Minuten (je Zahl der Teilnehmer und Umfang des Systems)
Utensilien: Zettel & Stift oder Notebook & Office Software
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Zweck
Die CATWOE Technik ist ein Arbeitsrahmen für die strukturierte Beschreibung und Analyse von Systemen und ihrer Umgebung. Der Begriff CATWOE ist ein englischsprachiges Akronym und steht für Customers (Kunden), Actors (Akteure), Transformation Process (Transformationsprozess), World View (Weltanschauung), Owner (Eigentümer) sowie Environmental Constraints (Umgebungseinschränkungen)
Das zu untersuchende System muss dabei nicht zwingend technischer Natur sein. Beispielsweise kannst Du ein Unternehmen, eine Fachabteilung, ein Geschäftsprozess, eine Lösung, einen Stakeholder etc. bzw. sogar ein Haustier als System auffassen und einer CATWOE Analyse unterziehen. Falls der Begriff ‚System‘ für Dich zu abstrakt daherkommt, ersetze diesen einfach mit einem konkreten Sachverhalt.
Analog einer Checklisten unterstützt Dich die CATWOE Technik bei der strukturierten Betrachtung sowohl eines existierenden als auch eines noch zu entwickelnden Systems. Statt im Freestyle-Modus ein Problem oder eine Lösung ungeordnet unter die Lupe zu nehmen, untersuchst Du einen Sachverhalt und seine Auswirkungen systematisch entlang offener Fragestellungen.
Synonyme für die CATWOE Technik sind CATWOE Verfahren oder CATWOE Analysetechnik.
Aufbau
Jeder der sechs Buchstaben des Akronyms CATWOE steht für eine Perspektive auf das zu betrachtende Systems.
Customers – „Wer ist der Kunde des Systems?“
Die User, Empfänger, Auftraggeber, Profiteure, Nutznießer, Betroffene, Opfer etc. des Systems. Hilfreiche Fragen:
- Wer ist Kunde, Anwender oder Einkäufer des Systems?
- Wem stiftet das System einen Nutzen bzw. bereitet es Ärger?
- Wer profitiert bzw. leidet vom bzw. an Umsetzung bzw. Betrieb des Systems?
Actors – „Welche Akteure hantieren mit dem System?“
Die internen und externen Ausführenden, Mitarbeiter, Beschäftigte, Umsetzer, Angestellte etc. des Systems. Verwende folgende Fragen:
- Wer spielt im System eine aktive Rolle?
- Wer ist Teil des Systems und sollte informiert werden?
- Wer realisiert das System bzw. hält es am Laufen?
Transformation Process – „Welche Phasen durchläuft das System?“
Die Umsetzung, Ausführung, Input > Output Wandlung, Realisierungsschritte, Betriebsmodi etc. des Systems. Diese Frage helfen Dir:
- Worin besteht der In- und Output des Systems?
- Wie ist im System der Ablauf von den Eingaben zu den Ergebnisse?
- Welche Zustände/Phasen/Aktivitäten etc. durchläuft das System?
World View – „Weshalb gibt es das System?“
Die Einbettung in den Gesamtzusammenhang, zu Grunde liegenden Werte, Basisüberzeugung, generellen Kontext etc. des Systems. Erneut mehrere Leitfragen:
- Welches Problem löst bzw. Bedarf stillt das System?
- Welche vorteilhaften und nachteiligen Implikationen ergeben sich aus dem System?
- Was bedeutet ein Ausfall oder einer Fehlfunktion des Systems?
Owner – „Wer ist Eigentümer des Systems?“
Der Besitzer, Produkteigner, Verantwortliche, Inhaber, Befugnisträger, Leiter, Halter, Entscheidungsträger, Vorstand etc. des Systems. Nützliche Fragen sind:
- Wer entscheidet über Änderung, Abschaltung, Weiterentwicklung etc. des Systems?
- Welche Person definiert die Leistung des Systems?
- Wer definiert die Ziele des Systems?
Environmental Constraints – „Welchen Umgebungseinschränkungen ist das System ausgesetzt?“
Die ethischen, gesetzlichen, juristischen, personellen, finanziellen, etc. Rahmenbedingungen in denen das System operiert. Hilfreiche Fragen dazu:
- Worin bestehen die Einschränkungen und Limitierungen auf das System?
- Welche Randbedingungen hat das System zu erfüllen?
- Welche firmeninternen und -externen Regelungen gelten für das System?
Auf Basis der CATWOE Technik betrachtest Du entweder das bestehende System – den Ist-Zustand – oder das zukünftige System – den Ziel-Stand aus einer zuvor ausgewählten Sichtweise.
Statte Dein Analyseergebnis zudem mit Meta-Informationen aus, also einen Titel, den Autoren sowie das Datum der letzten Aktualisierung.
Anwendung
DIE CATWOE Technik kannst Du allein oder im Team zu jedem Zeitpunkt im Projektverlauf einsetzen. Nutze für beide Fälle nachfolgende Schritt-für-Schritt-Anleitung.
1. Sichtweise, Zeitpunkt & Scope definieren
Halte im ersten Schritt fest, aus welcher Sichtweise Du das System beschreiben möchtest.
- Betrachtest Du den Projektleiter, Mitarbeiter, Geschäftsführer oder Prozessverantwortlichen?
Definiere außerdem, ob Du das aktuelle oder zukünftige System beschreiben möchtest. - Geht es Dir um die Problem- oder Zieledefinition oder einem temporären Zustand?
Fixiere schließlich den Umfang des Systems. - Welche Prozesse, Abteilungen, Hardware-Komponenten gilt es zu untersuchen?
- Was ist im Betrachtungsumfang, was draußen?
2. W-T-C-A-O-E anwenden
Beginne die Technik mit dem ‚W‘ also der Weltanschauung (World View). Entwickle ein Verständnis für die Treiber, Werte und Daseinsberechtigung des Systems aus der gewählten Sichtweise. Anschließend ermittelst Du die Arbeitsweise, den Kunden die Akteure und den Eigner. Daher:
- Welchen Prozess (Transformation Process) realisiert das System für welchen Kunden (Customer)?
- Wer arbeitet im System (Actor) und wem gehört das System (Owner)?
Identifiziere schließlich die Regeln, Einschränkungen, Bedingungen etc. (Environmental Constraints), welche einen Einfluss auf das System haben.
3. Ergebnisse auswerten
Durchlaufe CATWOE für unterschiedliche Sichtweisen bzw. unterschiedliche Zeitpunkte. Vergleiche anschließend untereinander.
- Wie passt das Ist-System zum Soll-System?
- Zwischen welchen Sichtweisen besteht Konsens bzw. Dissens?
- Wo gibt es Konflikte, insbesondere bei den Weltanschauungen?
Ziehe Schlüsse und leite Maßnahmen ab.
Bei Bedarf wiederholst Du die Schritte 2 und 3 erneut und verfeinerst damit das Ergebnis.
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Beispiele
Beispiel 1: Das System ‚Unternehmensberatung‘ mit CATWOE betrachten (unvollständig)
Betrachten wir den Ist-Stand einer Unternehmensberatung aus der Perspektive eines Beraters. Eine Consultancy möchte helfen, die Situation ihrer Kunden auf professionelle Art und Weise verbessern (World View). Dazu analysiert die Beratung das Problem ihrer Kunden, definiert mit ihnen Ziele und beschreibt bzw. realisiert den Weg vom Ist zum Ziel (Transformation Process).
Die Kunden der Beratung sind in der Regel Wirtschaftsunternehmen. Ihre Akteure sind Junior- und Seniorberater (Actors). Inhaber sind die Partner bzw. der Geschäftsführer (Owner). Schließlich unterliegt die Beratung gesetzlichen Anforderungen (Informationsschutz, Arbeitsschutz etc.) und ist Wettbewerbsdruck ausgesetzt (Environmental Factors).
Beispiel 2: Das System ‚Business Software‘ mit CATWOE betrachten (unvollständig)
Kennst Du diese Situation?
- Fachbereichsvertreter und Power-User Herr Meyer ist mit dem neuen Business Software zufrieden. Ihm erleichtert das neue System die mühsamen Copy-and-Paste-Tiraden von Excel zu Excel. Meyer spart mindestens 2 Stunden – pro Woche.
- Anders Gelegenheitsnutzerin Frau Schmidt. Sie muss sich jetzt immer in die Software einloggen, auch wenn sie nur kurz einen Wert nachschauen will. Zusatzaufwand: 5 Minuten – pro Arbeitstag.
- Wieder ganz anders beim Compliance Verantwortlichen Herr Peters. Wie Herr Meyer, ist auch er von der neuen Software angetan. Alle Daten sind an ihrem Platz. Damit sind die Informationsschutzanforderungen zu mindestens 50 Prozent erfüllt.
Drei Personen, drei Sichten auf ein und dasselbe System. Doch wie legst Du diese offen? Mit der CATWOE Technik!
Vor- & Nachteile
Pro
- Die CATWOE Technik ermöglicht Dir eine methodische Untersuchung und Beschreibung eines beliebigen Systems.
- In wenigen Minuten erlernt, ordnet der Ansatz Dein Vorgehen bei der umfassenden Betrachtung eines Sachverhalts.
- Speziell der Aspekt ‚Weltanschauung‚ findet sich selten in Analysewerkzeugen und sorgt für eine frische Perspektive auf ein bekanntes System.
Contra
- CATWOE kannst Du für jedes System einsetzen. Dieser Vorteil ist gleichzeitig ein Nachteil, müssen die Perspektiven und Fragen von Dir auf die entsprechende Domäne angepasst werden.
- CATWOE ist zudem eine Kreativitätstechnik. Sie steht und fällt mit der Bereitschaft von den Teilnehmern und Dir, sich auf alternative Betrachtungen einzulassen.
- Nachteilig ebenfalls ist die Vermischung von Input, Output und Vorgehen in der Perspektive Transformationsprozess die grobe Betrachtung des Umfelds durch die Umgebungseinschränkungen.
- Die Technik liefert nur eine statische Sicht auf ein System und dessen Umfeld zu einem vorher definierten Zeitpunkt.
Praxistipps
Tipp 1 – Stakeholder mit CATWOE analysieren
Ziehe zu Projektbeginn die CATWOE Technik zur Stakeholderanalyse heran. Betrachte dabei das zu entwickelnde System aus der Perspektive eines jeden Stakeholders. Person für Person legst Du so Interessen, Absichten und Ziele offen.
Schaffe ebenfalls Transparenz über die Auswirkungen, die eine Änderungen im System ‚Unternehmen‘ für dessen einzelnen Akteure bedeutet. Vergleiche anschließend die angefertigten Stakeholderprofile. Mache auf diese Weise Gemeinsamkeiten und Konfliktpotentiale sichtbar.
Tipp 2 – Mit weiteren Methoden verbinden
Nutze Technik wie wie das PESTEL Framework um die CATWOE Umgebungseinschränkungen eines Systems offen zu legen.
Ebenfalls möglich ist die kombinierte Anwendung mit einem Supplier-Input-Process-Output-Customer (SIPOC) Diagramm. Dabei stellst Du Querverbindungen zwischen den Kunden (jeweils Customer) und dem Ablauf (Process bzw. Transformation Process) her.
Schließlich kannst Du die Technik mit dem Business Model Canvas verknüpfen und mittels CATWOE Technik das gesamte Geschäftsmodell, die verschiedenen Bereiche oder einzelne Elemente detaillieren.
Tipp 3 – Doppelrollen in Systemen berücksichtigen
In einem System kann ein Kunde auch gleichzeitig ein Akteur sein. Alle Plattformgeschäftsmodelle, unter anderem auch die Consulting Plattformen, verfolgen dieses Prinzip.
Auch können sich Eigner und Akteur gleichen, denke nur an Freiberufler oder Gewerbetreibende.
Schließlich kann ein Kunde auch ein Eigner sein. So bist Du zeitgleich Eigner, Kunde und Akteur Deiner Karriere als Unternehmensberater.
Ursprung
Ursprünglich vom Peter Bernard Checkland in den 1960er Jahren an der Universität Lancaster entwickelt, ist die CATWOE Technik Bestandteil der sogenannten Soft Systems Methodology. Der britischen Managementwissenschaft Professor Checkland war damals nicht nur Forscher, sondern auch Marketingkenner und verpasste der Technik ihren einprägsamen Namen. Mich zumindest erinnert der Begriff ‚CATWOE‘ (ausgesprochen: KÄTTWO) immer an ein beliebtes deutsches Haustier.
Bonusmaterial
AssistKD: What is CATWOE? (5min) – Kurzvorstellung der Technik
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