The Dark Side of Consulting – warum Du kein Unternehmensberater werden solltest
Unternehmensberater ist DER Traumjob. Spannende Projekte, interessante Kunden, erstklassiges Gehalt. Darüber hinaus: abwechslungsreiche Einsatzorte, eine steile Lernkurve sowie ein großartiges Team. So oder ähnlich locken große wie kleine, bekannte wie unbekannte, internationale wie regionale, strategiefokussierte wie umsetzungsorientierte Beratungen die Absolventen und Young Professionals. Eine attraktive, bunte und manchmal auch etwas glamouröse Welt. Denn natürlich hat auch der Berufsstand des Consultants Nachteile – The Dark Side of Consulting. Nach über 14 Jahren ‚on-the-job‘ nehme ich Dich mit in die weniger funkelnden Ecken des Beraterdaseins.
The Dark Side of Consulting – die Schattenseiten des Beraterjobs
Wo Sonne scheint, da fällt für gewöhnlich auch Schatten. Bereits in Sieben gute Gründe beruflich (k)ein Consultant zu werden gehe ich auf sieben Nachteile des Beraterlebens ein.
Erst vor kurzem sprach mich ein Consulting LIFE Mentee auf weitere Schattenseiten des Consulting Jobs an. Der Junior klagte über den hohen Druck, der im Projekt auf ihn als Externen lasten würde. Schnell stand fest: die Liste enthält nicht alle Nachteile des Consulting Jobs. Nach…
- Selbstreflexion meiner 14 Jahre als Unternehmensberater,
- Gesprächen mit Consulting Kollegen & Partnern von Junior bis Geschäftsführer sowie
- einen Überblick über aktuelle Branchenliteratur
anbei meine erweiterte persönliche Liste von Schwächen des Berufsbildes Berater.
Hohe bis extrem hohe Arbeitslast
Nachteil #1: Hohes Arbeitsvolumen
Es ist ein offenes Geheimnis, dass Unternehmensberater in der Regel eine 50-60 Stundenwoche schieben. Nicht selten beginnt diese Montagmorgen 5:30 Uhr mit der Anreise zum Kunden und endet am späten Freitag mit der Vorbereitung der nächsten Dienstreise. Dein Arbeitstag ist vollgepackt, stetiger Projektdruck und Treffen bis weit nach 18 Uhr keine Seltenheit.
Nachteil #2: Ständiger Aktivismus
Endlich – nach einer intensiven Angebotsphase ist das Mandat gewonnen. Jetzt zählt es – beim eingeworbenen Kunden Gas geben und sich von der Leistungsseite zeigen. Ach, und parallel muss sich noch weitergebildet und die Juniors auf Flughöhle gebracht werden. Als Berater bist Du immer auch Thought Leader und Führungskraft. Hmm, und wie sieht es eigentlich mit dem Anschlussprojekt aus?
Nachteil #3: Arbeitsbiene des Kunden
Die internen Kundenmitarbeiter machen 16 Uhr Schluss, Dein Arbeitstag geht noch locker 2 Stunden. Alle beim Klienten feiern zwischen Weihnachten und Neujahr ihre Überstunden ab, Du schreibst Beratungsangebote und bereitest Workshops und Interviewserien nach. Es fällt Arbeit an? Wir haben doch den gut bezahlten Berater! Foliensklave, Meeting-Knecht, Projektbiene – suche Dir eine Bezeichnung aus.
Eric Kimberling: Why You Should NOT Be a Consultant (12 min) – ehrliche Aufzählung von Vorteilen und Nachteilen des Berateralltags
Dienstleister vieler Herren
Nachteil #4: Prioritätendilemma
Dein interner Vorgesetzte möchte, dass Du an einem Beratungsangebot federführend wirkst. Gleichzeitig bittet Dich Dein Kunde, eine Steuerkreispräsentation für Übermorgen auszuarbeiten. Zwei Auftraggeber, beides wichtige und dringende Resultate. Als Dienstleister dienst Du – meist gleichzeitig mehreren Herren.
Nachteil #5: Tendenz zur Ellenbogenmentalität
Up-or-out, unbegrenzte Leistungsfähigkeit, die Extra-Meile – dies sind nur einige Begriffe die eng mit der Person des Beraters assoziiert werden. Die Unternehmenskultur der eigenen Beratung hat dabei einen hohen Einfluss auf die Stärke der Ellenbogenmentalität.
Nachteil #6: Kräftezehrende Innenpolitik
Von mir nie erfahren, jedoch von Beratungskollegen und Literatur gleichermaßen bestätigt ist der hohe innenpolitische Druck in großen Beratungen. Kunden, Projekte, Honorare, Rollen und Prestige – in den Top-Consultancies geht es um Einfluss, Wachstum und Geld. Wohl und Interessen des Kunden – sind nicht selten sekundär.
Bewerte die Nachteile des Beraterjobs individuell. So sind Immaterialismus und Prioritätendilemma für mich als selbstständiger Berater kein Problem, kämpfe ich stattdessen mit ‚Arbeit für die Schublade‘ und ‚Optimierung um jeden Preis‘.
Berufs- & Privatleben aus dem Koffer
Nachteil #7: Häufige Standortwechsel
Gestern noch in Berlin, heute in Hannover, in sechs Wochen schon wieder in Wien. Kaum hast Du die Lokation, die Kollegen und das Unternehmen richtig kennengelernt, zieht die Consulting Karavane weiter. Deine Habseligkeiten hältst Du minimal. Ehrlich gesagt sind Dein Koffer samt Notebook die einzige Konstante in Deinem Nomadenleben.
Nachteil #8: Reisestress
Zu Beginn der Karriere hochspannend, irgendwann aber lästig: die Dienstreisen. Wiederkehrende Zugverspätungen, kurzfristige Flugumbuchungen, zähe Verkehrsstaus. Dazu lausige Hotelnächte, unfreundliche Taxifahrer und nervige Reisekostenabrechnungen. Nach ein paar Jahren hast Du das alles zigfach erlebt und irgendwie über.
Nachteil #9: Lästige Hotelaufenthalte
Unbequeme Betten, geräuschvolle Zimmernachbarn, lauwarmes Rührei – auch 5-Sterne Hotels haben spätestens nach zwei Monaten ihren Charme verloren. Du möchtest einfach nur noch in Deine eigenen vier Wänden in denen das Interieur 100 Prozent Deinem Geschmack entspricht und Du auch einmal etwas für mehr als vier Tage liegen lassen darfst.
Nachteil #10: Eingeschränktes Sozialleben
Als Konsequenz von langen Arbeitswochen und Dienstreisen leidet Dein soziales Leben bzw. kommt fast vollständig zum erliegen. Wenig Freunde, Wochenendbeziehungen, seltene Kontakte mit Familie und Bekannten. Lange Trennung von den Liebsten ist nicht Jedermanns Sache.
Konstanter Lieferdruck in der Projektarbeit
Nachteil #11: Ständige Problemübernahme
Du hast es nicht verursacht, bist jedoch einberufen es abzustellen: das Problem des Kunden. Selten liegt es an den Prozessen, noch seltener an der Technik, ganz oft an den Personen. Ist die Challenge endlich überwunden bleibt keine Zeit zu feiern und sich im Erfolg zu sonnen. Der nächste Kunde mit dem nächsten Problem wartet.
Nachteil #12: Wiederkehrendes Onboarding
Natürlich benötigst Du für die Büros des Neukunden eine Zugangskarte und Raumberechtigungen. Hinzu kommen die IT-Systemkonten, Netzzugänge, Cyber Security Sicherheitsmaßnahmen, Vertraulichkeitserklärungen und ggf. sogar ein spezielles Kundennotebook. Nach zehn Onboarding Vorgängen hast Du die Sisyphus Routine verstanden und genug von der Integration in die Kundeninfrastruktur.
Nachteil #13: Sündenbock für Misserfolge
Ein Problem ist aufgetreten. Schnell ist die Ursache gefunden: der Unternehmensberater. Schließlich kann sich dieser nicht wehren, ist der Sündenbock, der gut dotiert ’seine‘ Änderungen im Unternehmen durchboxen will. Ob das Vorhaben bereits vom Start weg zum Scheitern verurteilt war, ist da reine Nebensache.
Nachteil #14: Ständiger Kollegenwechsel
Neuer Kunde, neues Projekt, neues Team. Gemeinsam durchlauft ihr die Phasen der Teambildung. Du knüpfst Beziehungen, freundest Dich sogar mit einigen Personen an. Doch schon bald ist das Projekt abgeschlossen, die Akteure gehen auseinander. Neustart für Dein soziales Arbeitsumfeld. Du lernst: Tiefe menschliche Beziehungen auszuprägen lohnt sich einfach nicht.
Wie handhabt eine Firma die aufgewendeten Reisezeiten? Welchen Impact haben die Projekte beim Beratungskunden? Wie steigt ein Mitarbeiter auf? Sprich beim Consulting Bewerbungsgespräch mögliche Nachteile offen an.
Unterdurchschnittlicher Real-Stundensatz
Nachteil #15: Unterdurchschnittliches Jahresgehalt
Dieser Nachteil mag sich zunächst paradox lesen. Vergleiche einmal Äpfel und Äpfel. Eine 60 Stunden Woche ist 50 Prozent mehr als die Regelarbeitswoche. Als Consultant kannst Du schnell ausrechnen, ob Dein Gehalt tatsächlich 50 Prozent über dem einer vergleichbaren Nicht-Beratertätigkeit liegt. Das Ganze natürlich Netto, nach Abzug der Einkommenssteuer.
Nachteil #16: Querfinanzierung der Partnerebene
In der Consulting Hierarchiepyramide gehört er zur untersten Bausteinreihe: der Juniorberater. Haben die Partner und Senior Manager ein Projekt an Land gezogen, sorgst Du als Junior dafür, dass dieses wirtschaftlich rentabel abgearbeitet wird. Der Einsteiger erledigt das, was ihm vorgesetzt wird. Und querfinanziert mit diesem Generationenvertrag die oberen Schichten der Pyramide.
Nachteil #17: Kostspieliger Dresscode
Elegante Business Kleidung unterstreicht die Kompetenz und Souveränität eines Beraters. Für gute Kleidung zahlst Du jedoch mehrfach. Gerade zu Beginn Deiner Karriere kostet es einiges an Zeit und Nerven den teuren Zwirn anzulegen. Zudem sind Anzug und Kostüm weniger bequem, als das Sonntagsduo aus Jeans und Pullover.
Mit der Corona Pandemie haben sich einige Nachteile von Unternehmensberatung abgeschwächt oder sind ganz weggefallen. Virtuelles Arbeiten senkt Deinen Reiseaufwand und erlaubt Dir zu Hause enge soziale Bindungen einzugehen.
Wenige konkrete Arbeitsergebnisse
Nachteil #18: Wenig vorzeigbares
Was macht eigentlich ein Unternehmensberater? Anders gefragt: Was entsteht eigentlich nach dem Deine Beratungsarbeit vollbracht ist. Zumindest wenig materielles. Siehst Du einmal von zusammengehefteten Präsentationsfolien, ausgedruckten Analyseberichten und geplotteten Übersichtsgraphiken ab, liefert ein Unternehmensberater wenig handfestes.
Nachteil #19: Arbeit für die Schublade
Gar nicht so selten werkelst Du an Deinen langen Beratungstagen für die Mülltonne. Die mit Herzblut konzipierten Methoden und Modellen – sind durchdacht. Die übergreifende Roadmap und der detaillierte Projektplan – sind minutiös geplant. Doch leider kommen Deine Ergebnisse nie zum tragen. Blindleistung total.
Nachteil #20: Mäßige Anerkennung
Die Rollenbezeichnung ‚Unternehmensberater‘ ist in Deutschland kein eingetragener Beruf. Die Folge: Jeder darf sich ‚Berater‘ nennen. Auch schwarze Schafe, Blender und Hochstapler – die damit dem Ruf der gesamten Branche inklusive Deinem Ansehen schaden.
Nachteil #21: Optimierung um jeden Preis
Als Berater möchtest Du die aktuelle Geschäftssituation Deines Kunden verbessern. Das geht durch strukturierte Ist-Analyse, Zieldefinition und Änderungsmanagement. Projekt für Projekt. Jahr für Jahr. Schwer fällt es dann, diese Brille im Privatleben abzustreifen. Ob Wochenendausflug, Geburtstagsplanung oder Wochenendeinkauf – ständig scannst Du nach Optimierungsmöglichkeiten und Flaschenhälsen.
Lesetipps – die Nachteile des Beraterlebens
Letzte Aktualisierung am 2025-01-02 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API
Fazit – auch der Consulting Job hat Schwächen
Vielleicht sind einige der oben genannten Punkte für Dich keine Nachteile bzw. wenig gravierend. Schließlich ist nicht jeder Beratertyp gleich bzw. unterscheiden sich auch die Consulting Jobs und Kundenprojekte.
Aber darum geht es mir auch nicht. Vielmehr möchte ich Dich auf die Facetten der Beratungszunft stoßen, mit denen Dich im Bewerbungsgespräch garantiert kein Personaler oder Seniorberater konfrontieren wird.
> Nachteil #X: Dein Vorschlag
Nach Jahren im Beruf stoßen Dir regelmäßig weitere Aspekte des Consulting Jobs negativ auf?
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