Extra Meile gehen

Die Extra-Meile gehen – wie Du als Unternehmensberater Deine Kunden begeisterst

21 Uhr. Du starrst auf Dein Notebook. Auf Deinem Bildschirm reiht sich eine Excel-Zeile an die andere. Alle Mitarbeiter haben bereits vor Stunden das Büro verlassen. Alle bis auf die Unternehmensberater. Die sitzen brav vor der Analyse und bereiten die Zahlen für das morgige Steuerkreis-Gefecht vor. „Los Leute“ feuert Dein Vorgesetzte und Seniorpartner Dich und Dein Beraterteam an „Consulting heißt auch immer ‚Die Extra-Meile gehen‘.“. Ihr verbringt weitere 1.5 Stunden im Office. Trotz Müdigkeit. Trotz Hunger. Trotz geistiger Leere. Bis der Chef Euch in die Nacht entlässt. 20 Minuten später im Hotel. Du stehst unter der Dusche. Erschöpft, völlig runter, mit der Welt fertig. War das jetzt die Extra-Meile?


Als Unternehmensberater die Extra-Meile gehen

Unter Consultants ist es eine vielzitierte Floskel: „Die Extra-Meile gehen“ oder gleich englisch „Walking the extra mile“.

  • Ein Projektteam marschiert mit Wochenendarbeit die Extra-Meile.
  • Ein Top-Manager bucht 60 Wochenstunden und läuft die Extra-Meile.
  • Ein Unternehmensberater analysiert bis Mitternacht und absolviert die Extra-Meile.

Mit der Meile sind keine Flugmeilen gemeint, auch keine Post- oder Englische Meilen. Eigentlich ist auch egal, ob mit der Meile überhaupt ein Längenmaß gemeint ist oder warum es sich nicht um den Extra-Kilometer handelt.

Im Tagesgeschäft steht ‚die Extra-Meile gehen‚ (manchmal auch ‚extra Meile‘ in getrennter Schreibweise oder Extrameile zusammen notiert) für eine Mischung aus…

  • weitermachen, wo andere normalerweise aufhören,
  • mehr geben, als es der Durchschnitt im Standardfall tut.
  • 110 Prozent liefern, wo nur 100 Prozent erwartet werden.

Die Botschaft der populären Phrase ist klar. Mehr, länger, fundierter, ausführlicher, genauer, versierter, strebsamer, tiefgründiger, umfassender, perfekter, optimaler – schlichtweg besser.

Vollgas geben. Ans Limit gehen. Volle 120 Prozent Leistung geben. Die Erwartungen des Kunden, Kollegen, Vorgesetzten oder Partners haushoch übertreffen.

Doch ist das wirklich immer erfolgsversprechend?

Worin besteht überhaupt der Maßstab, d.h. welche Distanz liegt vor der Extra-Meile?

Und überhaupt: Wo liegt das neue Ziel, welches nach dem Marsch der zusätzlichen Meile angepeilt wird?

Drei Fallbeispiele aus der Consulting Praxis, was die Extra-Meile in der Beratung von Kundenunternehmen für mich (nicht) bedeutet.


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Fallbeispiel 1: Das Beraterprofil

Situation

Die Consulting Kollegen schrauben an einem wichtigen Beratungsangebot. Viel steht auf dem Spiel. Zwei Vollzeitmitarbeiter – neudeutsch Full Time Equivalents, FTE – im Projekt. Für ganze 6 Monate. Bei einem renommierten Kundenunternehmen. Zu einem attraktiven Tagessatz. Dem potentiellen Klient möchte man auch Dein Beraterprofil zuspielen und Dich als Methodenexperten ins Gespräch bringen. Immerhin passen Deine Projekte, Fähigkeiten und Erfahrungen auf das ausgeschriebene Engagement wie die Faust aufs Auge.

Keine Extra-Meile

Du lieferst Dein 08/15 Standardprofil. Warum auch nicht? Vor zwei Monaten hattest Du die Visitenkarte erst mit Deinen letzten Projekten aktualisiert. Gesagt, getan. Deine E-Mail mit dem Beraterprofil im Anhang erreicht die Kollegen pünktlich vor Abgabe der Offerte. Deinen Beitrag hast Du geleistet, jetzt sollen die anderen leisten.

Die Extra-Meile

Du hakst bei den Kollegen telefonisch nach. So möchtest Du wissen, was die Anforderungen in methodischen, sozialen und fachlichen Kenntnissen an den Berater sind. Auch willst Du die Präferenzen des Kunden verstehen. Zudem erkundigst Du Dich nach weiteren Kollegenprofilen, die dem Kunden vorgelegt werden.

Nun kennst Du die Schwerpunkte und Schlagworte. Mit dem Wissen im Hinterkopf optimierst Du innerhalb von 20 Minuten Dein Beraterprofil. Und sendest den passgenauen Steckbrief fristgerecht beim Angebotsteam ein mit dem Hinweis, Dich bei Rückfragen einfach zu kontaktieren.

Kernerkenntnis 1

Denke die Aufgaben zu Ende. Zoome dazu hinaus und betrachte die gesamte Arbeitskette.

  • Weiterverarbeitung, Entscheidung oder Information – wer fängt was mit Deinem Ergebnis an?
  • Wie kannst Du das Resultat noch besser machen, dem Empfänger das Leben erleichtern, die Abläufe spürbar beschleunigen?
  • Worin bestehen die Erwartungen des Auftraggebers? Was könnte diesen positiv überraschen?

Egal ob Beraterprofil, Unterlage oder E-Mail – denke vom finalen Ziel, dem Endergebnis, dem übergeordneten Zweck.


Die extra Meile ist im Consulting...

Ergebnisse

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Fallbeispiel 2: Die Konzeptgrafik

Situation

Ein Standardmeeting, an einem Standarddienstag irgendwo in einem Standardbürokomplex. Als Juniorberater fällt Dir die Aufgabe des Protokollschreibens zu. Eine schrittweise entwickelte Konzeptgrafik steht auf dem Whiteboard.

Langsam beginnen die Teilnehmer das aufgemalte Modell zu schätzen. Schon bald hebt der Teamleiter das Konzept positiv hervor. Es ist vom einem ‚prägnanten Big Picture‘, einem ‚prima Ordnungsrahmen‘ bzw. einen ‚tollen Gesamtüberblick‘ die Rede. Das Meeting ist durch. Nun musst Du nur noch Deine Mitschrift zu ergänzen und anschließend versenden. Eigentlich eine Standardübung, oder?

Keine Extra-Meile

Du komplettierst Deine Notizen. Beim Rausgehen machst Du hektisch mit dem Smartphone ein Bild vom Whiteboard. Eine Fotoerlaubnis in den heiligen Hallen des Kunden hast Du Dir dafür natürlich geholt. Schließlich bist Du kein Anfänger. Du heftest die Digitalaufnahme ans Protokoll und sendest das Paket noch am selben Tag an die Meeting-Teilnehmer. Fertig aus.

Die Extra-Meile

Das ausgearbeitete Modell hat Potential. Nachdem Du Deine Mitschrift komplettiert hast, transferierst Du die Inhalte des Whiteboards in eine PowerPoint Folie. Während der Überführung des Charts denkst Du nach und reflektierst.

  • Was kann im Modell verbessert werden?
  • Wo sind noch Fragen offen?
  • Worin bestehen die nächsten Schritte?

Du ergänzt alle Hinweise direkt auf der Konzeptfolie und notierst zudem das Erstellungsdatum, einen aussagekräftigen Titel sowie die Namen der beteiligten Teilnehmer als Meta-Informationen. Das aufgewertete Resultat sendest Du schließlich an die Kollegen zusammen mit Deinen Meeting-Notizen. Im letzten Satz signalisierst Du Offenheit für Fragen und Anmerkungen bis zu einem fixierten Stichtag.

Kernerkenntnis 2

Die Extra-Meile muss Du nicht am Stück ablaufen, sondern kannst diese über das Beratungsprojekt hinweg akkumulieren. Oft besitzen viele kleine positive Besonderheiten nicht weniger Wert als das eine große Ding. Sammle fleißig einzelne Meter, die sich in Summe zu mehreren Extra-Meilen addieren. Und achte darauf, dass Deine zurückgelegten Zusatzdistanzen auch von Deinem Kunden wahrgenommen werden.


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Fallbeispiel 3: Die PowerPoint Präsentation

Situation

Seit drei knackigen Stunden sitzt Du an der PowerPoint Präsentation. Freitag 16:30 Uhr. Eigentlich bist Du für die Woche runter. Aber Dir fallen noch Tausend Verbesserungen für Deine Slides ein.

Auf Folie 2 muss unbedingt der Text der Management Summary eingekürzt werden. Bei Folie 13 ist die Datentabelle noch nicht ganz symmetrisch. Und das Gantt-Chart auf Folie 21 muss definitiv auch noch überarbeitet werden. Auch die Kopf- und Fußzeilen müssen noch getunt, die Rechtschreibung auf allen Slides geprüft werden. Feierabend für heute, denkst Du. Dann setze ich mich eben Samstagmittag noch einmal ran und sende dann die Präsentation an den Kunden.

Keine Extra-Meile

Samstag 13 Uhr. Dein Notebook steht aufgeklappt vor Dir. Emsig optimierst Du die PowerPoint-Folien. Fußzeile anpassen, Schriftgröße justieren, Abbildungen zurechtschneiden. Die Überarbeitungsmaßnahme kostet Dich zwei volle Stunden Deines Wochenendes. Dafür sehen die Folien jetzt deutlich besser aus. Schnell raus damit an den Kunden. Der soll ruhig sehen, dass Du Dich auch am Wochenende für ihn ins Zeug legst.

Die Extra-Meile

Bevor Du Dich an irgendwelche Präsentationsfolien setzt, hakst Du beim Kunden bzw. internen Empfänger nach.

  • Für wen ist die Präsentationsunterlage bestimmt?
  • Soll dieser Rezipient informiert, überzeugt oder geschult werden?
  • Ist es gar eine Entscheidungsunterlage?
  • Auf was kommt es dem Empfänger besonders an?
  • Was besitzt für ihn oder sie persönlich die höchste Priorität?

Anschließend entwickelst Du die Slides. Mit maximaler Ergebnisorientierung bei minimalen Einsatz. Montagmorgen findet der Kunde das fertige Slide-Deck in seinem E-Mail Posteingang. Bei Fragen – so die Nachricht – soll der Kunde Dich kurzfristig kontaktieren.

Kernerkenntnis 3

Die Extra-Meile wird nur von Deinem Gegenüber wahrgenommen, wenn sie diesem einen unternehmerischen, projektbezogenen oder persönlichen Nutzen stiftet. Im Umkehrschluss lohnt die Extra-Meile nur, wenn der Mehrwert Deines Outputs für den Empfänger nennenswert erhöht wird.

Unterscheide zwischen…

  • Satisfy – ein festgelegtes Ergebnis mit sowenig Mitteln wie möglich zu erreichen sowie
  • Maximize – das bestmögliche Ergebnis mit den vorhandenen Mitteln anzustreben.

Im Regelfall steht die Extra-Meile für ein Maximize, das heißt dem Maximieren des Resultats.


sonix fx: Die Extrameile ! Motivation (3,5 min) – bildgewaltiger Aufruf die Extra-Meile zu nehmen


Fazit

An den drei Beispielen erkennst Du: Die extra Meile hat nicht unbedingt etwas mit Überstunden, Selbstausbeutung oder Zähne Zusammenbeißen zu tun. Eher mit Lebenserfahrung, kluger Einschätzung der Situation und smarten ergebnisorientierten Handeln.

Überlege Dir, auf welchen Spielfelder es sich tatsächlich lohnt die Extra-Meile zu drehen. Und wo Du vor lauter Meilensammellei Gefahr läufst, übers Ziel hinauszuschießen und unnötig Treibstoff zu verbrennen. Setze Effektivität vor Effizienz. Fokussiere auf den vom Kunden goutierten Output, statt den dafür notwendigen Aktivitäten.

Damit ist die Extra-Meile gehen ein Teilkonzept für exzellentes Consulting, oder wie ich es nenne: High Performance Consulting*. Im meinem gleichnamigen Buch findest Du übrigens 101 weitere Tipps für Top-Beratung im 21. Jahrhundert.


Deine Extra-Meile

> Was bedeutet für Dich ‚Die Extra-Meile gehen‘ in der Beratung von Unternehmen?
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