Soziogramm

Das Soziogramm – Beziehungen zwischen Personen explizieren

Als Projektleiter, Manager oder Wissensarbeiter bzw. deren Berater bist Du mit folgenden Fragen konfrontiert:

  • Womit können wir die sozialen Wechselwirkungen von Stakeholdern eines Projektes grafisch kompakt und verständlich ausdrücken?
  • Wie lassen sich die interpersonellen Beziehungen von Akteuren eines Organisationsbereichs visuell reflektieren?
  • Was hilft uns das emotionale Beziehungsgeflecht & -verhalten für einen spezifischen Zeitpunkt zu analysieren?

Unterstützung findest Du im Soziogramm und der grafischen Darstellung von zwischenmenschlichen Beziehungen.


Ergebnis: Beziehungen zwischen Personen eines Bereichs visualisiert und analysiert

Teilnehmer: mind. 1

Dauer: 20 – 45 Minuten (je Zahl der Personen und Umfang des Bereichs)

Utensilien: Whiteboard/Flipchart/Metaplan-Wand, Stifte & Klebekarten oder Notebook & Office Software


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Zweck

Nutze ein Soziogramm um positive, neutrale und negative Beziehungen zwischen Akteuren eines Organisationsbereichs zu dokumentieren, zu visualisieren und zu optimieren. Das grafische Diagnosewerkzeug hilft Dir die Gruppendynamik in Projekt- und Linienteams offenzulegen und anschließend gezielt weiterzuentwickeln. Auch lässt sich die Position von einzelnen Handelnden herausarbeiten und reflektieren.

Ob im Rahmen einer Stakeholderanalyse, einer Teambildung, eines Lessons Learned Workshops, einer Konfliktschlichtung oder eines Einzel-Coachings – immer wenn es um Menschen und deren Verhältnissen zueinander geht, solltest Du die Nutzung eines Soziogramms in Betracht ziehen. Die Modellform lässt sich rasch erstellen und für viele interpersonelle Situationen in festen Gemeinschaften gewinnbringend einsetzen.

Der Begriff Sozigramm entstammt dem lateinischen ‚socius‚ für Genosse oder Gefährte sowie dem altgriechischen ‚γράμμα grámma‚ für Zeichen.


Aufbau

Soziogramm – „Wer sind die Akteure eines Bereichs und wie stehen diese in Beziehung?“

Das Soziogramm illustriert ausgewählte Personen eines definierten Organisationsbereiches und ihre wechselseitigen Beziehungen zu einem vergangenen, aktuellen oder zukünftigen Zeitpunkt. Der Organisationsbereich kann ein Projektteam, eine Abteilung oder ein Unternehmensteil sein.

Im Idealfall passt die Abbildung auf eine Präsentationsfolie, ein Flipchart bzw. eine DINA4-Seite und bleibt damit übersichtlich und handhabbar.

Soziogramm
Struktur und Elemente des Soziogramms

Versehe Dein Soziogramm mit Meta-Informationen, wie einem organisationsbezeichnenden Titel, dem Datum der letzten Aktualisierung sowie den verantwortlichen Autoren.

Personen – „Wer sind die Akteure eines Bereichs?“

Stelle die beteiligten Akteure des Organisationsbereichs durch Karten dar. Auf diesem hältst Du eindeutig den Namen der Person sowie weiterführende Angaben wie Rolle, Titel, Unternehmenszugehörigkeit, Abteilung etc. fest. Karten lassen sich verschieben, stapeln und auch wieder von der Arbeitsfläche entfernen. Zudem zwingen Karten zur Prägnanz.

Verteile die Karten kreisförmig auf der Arbeitsfläche.

Beziehungen – „Wie stehen die Akteure zueinander in Beziehung?“

Visualisiere die Relationen zwischen den Akteuren mit Hilfe von Beziehungslinien. Diese gerichteten Pfeile zeigen an, in welchem Verhältnis eine Person mit einer anderen steht. Drei Varianten sind möglich.

  • Anziehung (blauer Pfeil) – die Person schätzt, unterstützt, mag etc. die andere Person
  • Neutral (grauer Pfeil) – die Person akzeptiert, duldet, toleriert etc. die andere Person
  • Ablehnung (roter Pfeil) – die Person missachtet, boykottiert, blockiert etc. die andere Person

Stehen zwei Personen auf die gleiche Art und Weise miteinander in Beziehung, kannst Du statt zwei gerichteten Pfeilen auch einen Doppelpfeil nutzen. Dieser drückt gegenseitige Anziehung, Gleichgültigkeit bzw. Ablehnung aus und vereinfacht das Lesen Deines Soziogramms.


Anwendung

Das Soziogramm kannst Du allein für Dich oder mit ausgewählten Stakeholdern im Rahmen eines Workshops erstellen. Achtung: Die Darstellung macht auch negative Verflechtungen explizit, kann fehlinterpretiert und zur zusätzlichen Separation von Personen führen. Überlege daher genau, wer das Soziogramm erstellt und zu sehen bekommt.

Gehe bei der gemeinsamen Arbeit in folgender Reihenfolge vor.

1. Soziogramm vorbereiten

Präzisiert den zu betrachteten Organisationsbereich.

  • Handelt es sich um ein Projekt oder Projektprogramm?
  • Welches Team, Abteilung, Bereich oder Unternehmenseinheit soll betrachtet werden?
  • Soll nur die Arbeitsgruppe oder auch kooperierende Stakeholder berücksichtigt werden?

Verseht das Soziogramm mit einem prägnanten Titel.

2. Personen festhalten

Findet auf Basis der Stakeholderanalyse relevante Personen und stellte diese im Soziogramm auf Karten dar. Ergänzt hilfreiche Infos wie Abteilung oder Rolle.

3. Beziehung ausprägen

Ergänzt die Beziehungen zwischen Personen. Präzisiert in der Richtung (unidirektional, bidirektional) sowie der Art (positiv, neutral oder negativ). Nutzt dazu Fragen wie:

  • Welche Personen arbeiten oft und lange zusammen?
  • Welche Akteure gestalten auch ihre Freizeit zusammen?
  • Wo gibt es offene Abneigungen zwischen zwei Personen?
  • Zwischen welchen Menschen bestehen Ziel-, Werte- oder Interessenskonflikte?

4. Soziogramm nutzen

Interpretiert das erhaltene Soziogramm.

  • Welche Kommunikationsmaßnahmen sollten aufgesetzt werden?
  • Welche Allianzen sind erkennbar?
  • Zwischen welchen Personen könnten Konflikte entstehen?

Verwende das Instrument für die Interaktionsstrategie mit den beteiligten Akteuren.

Über die Zeit kommen neue Personen dazu, ändern sich die zwischenmenschlichen Beziehungen bzw. fallen Akteure weg. Aktualisiere das Soziogramm bedarfsorientiert oder in regelmäßigen zeitlichen Abständen.



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Beispiele

Das Soziogramm für die Ist-Analyse eines Projektteams

Angenommen Du bist Coach für das Projektmanagement. Ein Kunde bittet Dich ein bestehendes Projektteam zu analysieren und die Gruppe weiterzuentwickeln. Das auf Basis von Interviews, Befragung und Observation entstandene Soziogramm könnte folgende Gestalt haben:

Soziogramm
Beispiel eines Soziogramms für ein Projektteam-Coaching

Aus der Abbildung liest Du heraus:

  • Die Projektleiterin Paula wird von allen Teammitgliedern gemocht. Auf sozialer Ebene ist sie für das Projekt die richtige Wahl.
  • Der Fachexperte Günther ist im Team unbeliebt. Dies ist ein Problem, sollen seine Abläufe durch ein System digitalisiert werden.
  • Die Business Analystin Sybille hat bisher noch keinen Kontakt zum Tester Achim aufgenommen. Dies könnte später im Projektverlauf für Verzögerungen sorgen.
  • Der Tester Achim wird von seinen Kollegen kaum wahrgenommen. Möglicherweise spielt das Testing bisher im Projekt nur eine untergeordnete Rolle.

Als Momentaufnahme gibt Dir das Soziogramm eine erste Indikation. Die dargestellten Konflikte und Probleme können sich auf eine aktuelle Herausforderung beziehen, die durch einen gemeinsamen Workshop überwunden werden kann. Ebenso können sie eine bereits länger andauernde, schlechte und konfliktbehaftete Situation darstellen, die mehrere Gespräche oder gar den Mitarbeiterwechsel im Team bedarf.


Vor- & Nachteile

Pro

  • Das Soziogramm ist ein simples und direkt anzuwendendes Modell mit denen Du die Beziehungen zwischen Akteuren verständlich darstellst und untersuchst.
  • Ob Projekte, IT-Systeme, Prozess, Produkt oder Wertangebote – das Werkzeug ist für unterschiedliche Anwendungsfälle vielfältig einsetzbar und einfach erweiterbar.
  • Kunden und Kollegen begreifen den Ansatz in wenigen Minuten und können nach kurzer Erklärung in die Entwicklung und Analyse einsteigen.
  • Bilder bleiben im Kopf. Analog dem Onion Model oder der Stakeholder Map liegt ein großer Vorteil des Soziogramms in seiner visuellen Eigenschaft. In wenigen Sekunden erhält ein Leser einen Überblick über alle wesentlichen Handlungsträger einer Gruppe.

Contra

  • Verhältnisse schwanken, teilweise über den Tag hinweg. Die Visualisierung ist nur eine statische Momentaufnahme auf die Personen und ihre Beziehungslandschaft.
  • Das Soziogramm erklärt nicht, nach welchem Verfahren Du Akteure und ihre Beziehungen identifiziert und wie Du anschließend die Gruppe weiterentwickeln solltest.
  • Werden die Personen nicht selbst bzgl. der Beziehungen zu ihren Mitmenschen gefragt, sind die Kategorisierung der Beziehungspfeile subjektiv.
  • Bei knapper Arbeitsfläche (z.B. einzelne Folie) bzw. bei zu vielen Personen und Beziehungen (z.B. Projektprogramme) wird die Darstellung schnell unübersichtlich.
  • Anders als im Zieldiagramm fehlen beim Soziogramm die Ziele. Auch gibt es keinen zentralen Sachverhalt, wie beispielsweise beim Onion Model oder der Stakeholder Map.

Praxistipps

Tipp 1 – Personen zweckbestimmt anordnen

Variiere die räumliche Anordnung der Personen in Deinem Soziogramm und ändere damit seine Botschaft. Einige Anregungen:

  • Rangfolge – je weiter oben in der Darstellung, desto mehr positive Beziehungen besitzt eine Person
  • Kreismitte – je zentraler in der Darstellung, desto mehr Beziehungen pflegt eine Person
  • Außenbereich – je weiter abgelegen in der Darstellung, desto weniger Beziehungen pflegt eine Person
  • Distanz – je näher zwei Personen in der Darstellung, desto näher stehen sie sich auch im Alltag

Optimiere die Darstellung nachdem alle Personen und Beziehungen feststehen. Fasse gleiche Beziehungstypen zu Doppelpfeilen zusammen und eliminiere  durch geschickte Anordnung das Überkreuzungen von Linien.

Tipp 2 – Personen mit Zusatzinfos anreichern

Ergänze die Personen Deines Soziogramms mit sinnvollen Extrainformationen. Einige Anregungen:

  • Füllfarbe menschlicher Typ (z.B. rot – dominant, blau – analytisch, grün – unterstützend, gelb – unterhaltend)
  • Rahmenstärke – Einfluss auf den gesamten Organisationsbereich (z.B. dick – hoch, dünn – gering)
  • Rahmenfarbe – Hervorhebung spezifischer Personen (z.B. rot – Änderungsverhinderer, grün – Multiplikatoren)
  • Kartentext Zusatzinfos zur Person (z.B. erlernter Beruf, Alter, Vorlieben, Interessen)

Spendiere Deinem finalen Modell eine Legende und stelle somit seine eindeutige Interpretation sicher.

Tipp 3 – Beziehungen mit Zusatzinfos anreichern

Analog den Personen lässt sich auch die Ausdrucksstärke der Beziehungen des Soziogramms erhöhen. Einige Anregungen:

  • Blitze markieren einen Konflikt zwischen zwei Personen
  • Dicke Pfeile signalisieren starke, dünne Pfeile schwache Beziehungen
  • Zwei Ringe zeigen eine Allianz oder Seilschaft an
  • Doppelpfleile stehen für Vorgesetzter-Mitarbeiter und damit einer Abhängigkeitsbeziehung
  • Kommunikationssymbole (z.B. Handy, E-Mail, Sprechblase) präzisieren den dominierenden Interaktionskanal der Personen
  • Emoticons (Smiley, negativer Smiley, Herzchen, Social-Media-Zeichen etc.) qualifizieren ein Verhältnis

Eine Legende unter dem Soziogramm sichert seine Eindeutigkeit ab.

Tipp 4 – Ergebnis zur Stakeholder Map ausbauen

Das Soziogramm lässt die Vorstufe einer Stakeholder Map. Erweitere die Abbildung durch…

  • einen zentralen Sachverhalt (z.B. Projekt, Entscheidung)
  • Kategorien für die Personen (z.B. Befürworter, Neutrale, Gegner)
  • Beziehungen zwischen Personen und Sachverhalt

und schon hältst Du das Stakeholder-Managementwerkzeug in den Händen.

Tipp 5 – Personen mit weiteren Methoden verfeinern

Nutze weiterführende Consulting Methoden und präzisiere mit diesen die identifizierten Akteure.

  • Definiere mit dem Team Model Canvas die Ziele und Arbeitsweise der Gruppe.
  • Erarbeite mit dem Projekt Polarstern ein gemeinsames Wertesystem für die Arbeitsgruppe.
  • Zurre Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung mit der AKV Methode fest.
  • Grenze die Verantwortung von Aufgaben mit der RACI Matrix ab.

Dein Soziodiagramm ist Input für diese Methoden. Gleichzeitig profitiert die Darstellung durch die Schärfung und Validierung der Personen und ihre Beziehungen.

Tipp 6 – Überblick über eigene Netzwerk erlangen

Ob in der Projektarbeitsgruppe, während der Kundenbedarfsanalyse oder im Bewerbungsgespräch – nutze das Soziogramm um Dein eigenes persönliches Netzwerk offenzulegen.

Stelle Dich dazu als Akteur ins Zentrum des Diagramms und stelle passende Fragen:

  • Wer sind die internen und externen Auftraggeber?
  • Wer empfiehlt bzw. nörgelt an meiner Leistung?
  • Von wem erhalte ich Input?
  • Welche Aufgaben kann ich weitergeben?

Auch für das private Umfeld kannst Du den Darstellungstyp heranziehen und die Methode trainieren. Ein Zettel und eine Hand von Buntstiften reichen aus und Du kannst loslegen.


Ursprung

Das Soziogramm wurde vom österreichisch-amerikanischer Arzt, Psychiater und Soziologen Jacob Levy Moreno entwickelt und 1934 in seinem Buch ‚Die Grundlagen der Soziometrie – Wege zur Neuordnung der Gesellschaft‘ erstmals veröffentlicht.

Moreno gilt als Begründer des Psychodramas, der Soziometrie sowie der Gruppenpsychotherapie. Die Soziometrie beschäftigt sich mit Strukturen innerhalb einer Gruppe, eines ihrer Werkzeuge ist das Soziogramm.


Bonusmaterial

Draw-My-Business Anabel Derlam: Gruppenverhalten – Soziogramm nach Moreno am Beispiel einer Gruppe in einer Werbeagentur (2,5 min) – kompakte Erklärung des Konzepts anhand eines Beispiels


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